Zum Inhalt gehen

Direct-to-Consumer: Emotionen als treibende Kraft

Achim Himmelreich
09. Feb. 2022

Die emotionale Bindung an eine Marke ist einer der Gründe, warum Verbraucher gerne direkt bei Herstellern einkaufen. Wie können Unternehmen sich dies für ihre Direct-to-Consumer-Strategie zunutze machen? Ein Beispiel: Die Spielwarenbranche.

Die Corona-Pandemie bescherte dem E-Commerce in den vergangenen zwei Jahren enormes Wachstum. Nun zeigt sich, dass viele Verbraucher das Einkaufserlebnis im Geschäft dennoch vermissen und planen, in Zukunft wieder verstärkt dort einzukaufen. Auf die Vorteile von Online-Shopping möchten sie jedoch auch nicht mehr verzichten und wollen, so zeigt der aktuelle Consumer Trends Report des Capgemini Research Institute, dort weiterhin genauso viel einkaufen wie in den letzten zwei Jahren. Von dieser gestärkten Präferenz können nicht nur Online-Händler, sondern auch Markenhersteller direkt profitieren. Denn, auch das zeigt die Studie: Immer mehr Verbraucher kaufen gern über Direct-to-Consumer-Kanäle direkt bei Marken ein.

Was bewegt Verbraucher dazu? Unter den wichtigsten Gründen, die sie selbst nennen, sind die ökonomischen und praktischen Vorteile: ein besseres Einkaufserlebnis, der Zugang zu Treueprogrammen, sowie Abo-Modelle bei Produkten, die regelmäßig gekauft werden. Zudem spielen aber auch persönliche Werte und eine emotionale Verbundenheit zu Marken eine immer größere Rolle. Fast die Hälfte (48 Prozent) der Befragten in Deutschland nannte als Grund, dass sie sich mit den Werten der Marke identifiziert und deshalb mit dem Unternehmen direkt interagieren möchte. Und auch der Gemeinschaftsgedanke ist vielen Verbrauchern wichtig: 43 Prozent der befragten Verbraucher möchten sich als Teil einer Marken-Community fühlen, indem sie ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen über Social-Media-Kanäle wie Instagram und Twitter teilen. Dazu trägt sicherlich auch die heutige Verankerung sozialer Medien in unserem Alltag bei.

Hohe Nachfrage nach Zerstreuung für zuhause

Wie können sich Marken diese emotionale Bindung zunutze machen? Ein anschauliches Beispiel ist die Spielwarenbranche. Gerade hier haben viele Produkte für die Kunden einen hohen emotionalen Wert – man denke an glänzende Kinderaugen, die Leidenschaft von Freizeitbastlern, oder auch das Gemeinschaftsgefühl, das ein gemeinsamer Spieleabend hervorrufen kann. Und in den vergangenen zwei Jahren haben Spiele und Spielwaren für Verbraucher noch einmal besonders an Bedeutung gewonnen. Viele Menschen haben während der Pandemie nach Möglichkeiten für Spaß und Zerstreuung in den eigenen vier Wänden gesucht – von Brettspielen und Puzzeln bis hin zu Kinderspielzeug. Gesellschafts- oder auch Videospiele gewannen durch den Ausfall von Kino- und Restaurantbesuchen an Beliebtheit in der Abend- und Wochenendgestaltung.

Entsprechend konnte die Spielebranche ihre Umsätze auch im zweiten Jahr der Pandemie steigern. Nach Angaben des Deutschen Verband der Spielwarenindustrie (DVSI) wuchsen die Umsätze in 2020 um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und stiegen in 2021 noch einmal um vier Prozent. Auch der E-Commerce-Boom kam der Spielebranche zugute: Das Absatzplus ging nach Angaben des Verbands vor allem auf den Online-Handel zurück.

Nahtloses Einkaufserlebnis an jedem Touchpoint

Bedeutet das das Ende der Spielzeugläden? Ganz bestimmt nicht. Vielmehr – darauf deuten unsere Forschungsergebnisse hin – wird es darum gehen ein Omnichannel-System aufzubauen, das den Kunden überall eine einheitliche, reibungslose Erfahrung bietet, egal ob im Geschäft, auf einem Online-Marktplatz, oder direkt auf der Hersteller-Seite. Denn die Verbraucher möchten weder auf das Einkaufserlebnis im Laden verzichten, noch möchten sie die zahlreichen Vorteile, die sie nun vom Online-Shopping gewöhnt sind, aufgeben.

Denkbar sind auch hybride Modelle, die Einzelhandel und Direct-To-Consumer vereinen. Ein Beispiel sind Shop-in-Shop-Systeme für Marken, die ihre Produkte auf einer spezifischen Verkaufsfläche im Einzelhandel platzieren und Kunden mit geschultem Personal beraten können. Um die Kunden für diese Shop-in-Shop Systeme zu begeistern, bieten sich Event-Erlebnis-Welten im Shop an, die dem Kunden einen erlebbaren Mehrwert im Laden liefern. Für diesen Mehrwert ist ein Großteil der Kunden sogar bereit, persönliche Daten zu liefern.

Empathie und Interesse schaffen Loyalität

Ziel einer solchen Omnichannel-Strategie muss es ein, ein wiedererkennbares Markenerlebnis zu schaffen, um über unterschiedliche Kanäle hinweg eine enge, persönliche Verbindung zum Kunden aufzubauen. Dafür sind Empathie und ehrliches Interesse von entscheidender Bedeutung: Marken sollten ihren Kunden zeigen, dass sie sich um sie kümmern, indem sie kontinuierlich mehr über sie erfahren und diese Erkenntnisse auch im Interesse der Kunden aktiv nutzen.

Dazu können beispielsweise auch die bereits erwähnten Abomodelle und Treueprogramme beitragen: Für die Verbraucher bieten diese zunächst ökonomische Vorteile. Um zudem auch einen positiven Effekt auf die Kundenloyalität zu erzielen, sollten Unternehmen über den transaktionalen Aspekt – das reine „Punktesammeln“ – hinausdenken. Stattdessen können sie die Chance nutzen, um ihren Kunden hochrelevante und personalisierte Prämien und Angebote zu bieten, ob online oder im Laden. Für Spielwarenhersteller könnten das beispielsweise Empfehlungen für neue Spiele oder Rabatte auf Erweiterungen für bereits gekaufte Spiele sein. Damit zeigen sie, dass sie den Kunden und seine persönlichen Bedürfnisse verstehen, und schaffen eine Basis für Loyalität und eine langfristige Kundenbindung.

Um die dafür notwendigen Daten zu sammeln und zu analysieren, spielt IT eine entscheidende Rolle. Wie das funktionieren kann, habe ich im Online-Magazin Spirit of Play der Spielwarenmesse erläutert. Mehr dazu lesen Sie hier: Loyale Kunden: Die datengestützten Erfolgsfaktoren

Blog-Updates per Mail?

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle zwei Monate eine Auswahl der besten Blogartikel.

Autor

Achim Himmelreich

Global Head Consumer Engagement, Consumer Products and Retail
Ich berate meine Kunden, wie sie mit der Digitalen Transformation umgehen und neue digitale Geschäftsmodelle anpassen oder gar entwickeln können. Ich habe bereits Kunden dabei unterstützt, eigene neue, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf dem Markt erfolgreich waren.