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Von der Lieferkette zur Datenkette: Aktuelle Herausforderungen erfolgreich meistern

Publish Date: 07/2021

Chipmangel, fehlende Elektronikbauteile oder Stahl, ein Frachter, der sich ausgerechnet im Suezkanal quer gestellt hat und allen voran die Corona-Pandemie: Die letzten Monate haben der gesamten Automobilbranche vor Augen geführt, dass die Transformation der Automobilindustrie nicht die einzige Herausforderung darstellt. Insbesondere die globalen Lieferketten wurden in den Fokus gerückt und gleichzeitig in Frage gestellt.
Welche Erkenntnisse konnten wir aus den Herausforderungen der letzten Zeit gewinnen? Wie haben sich die Lieferketten sowohl kurzfristig verändert, um die Herausforderungen zu bewältigen, aber auch, wie müssen sie sich mittel- und langfristig ändern, um das Risiko für Lieferengpässe oder gar Ausfälle in der Zukunft zu reduzieren?

Hagen Heubach, Global Vice President Industry Business Unit Automotive bei SAP SE
gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt vier Handlungsfelder auf, die sich auf Basis der Erkenntnisse der letzten Zeit herauskristallisiert haben, sowie die entsprechende Lösungsansätze:




1. Widerstandsfähigkeit der Lieferkette

Die Resilienz der Lieferkette – die Fähigkeit, auf unerwartete Risiken vorbereitet zu sein – ist wichtiger denn je. Nur etwa jedes fünfte Unternehmen (21 %) ist laut einer aktuellen Gartner-Umfrage der Meinung, dass es heute über ein angemessen widerstandsfähiges Lieferkettennetzwerk verfügt. Wir haben einige Strategien identifiziert, um diese Zahl zu erhöhen.

 2. Bedeutung von Transparenz

Sollte die Quelle für kritische Teile und Materialien plötzlich ausfallen, müssen Notfallpläne vorhanden sein. Indem die Risikoprüfung zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Beschaffungsprozesses gemacht wird und alternative Bezugsquellen für alle wichtigen Ressourcen identifiziert werden, kann geplant und sicher auf Störungen reagiert werden. Die Zusammenführung von Käufern und Verkäufern auf einer gemeinsamen Netzwerkplattform kann die Transparenz der Lieferkette, die Zusammenarbeit und die Ausfallsicherheit verbessern. Kein IT System kann die Ressourcenknappheit mindern. Aber es kann Transparenz und Flexibilität schaffen und somit die Lage eines Unternehmens entscheidend verbessern.

 3. Bestandsoptimierung als Teil der Strategie

Um in plötzlich auftretenden Situationen mit Lieferengpässen besser umgehen zu können, ist es hilfreich, sich durch die Optimierung des Bestandes Zeit zu verschaffen. Daher ist eine weitere wichtige Säule für die Ausfallsicherheit der Lieferkette die Bestandsoptimierung. Sobald an strategischen Entkopplungspunkten Bestandspuffer eingerichtet sind, können die Auswirkungen von Unterbrechungen minimiert werden. Auch hier sind für die effektive Umsetzung die  umfassende Sicht auf relevante Daten entscheidend – mit Hilfe dieser diesen Daten können Algorithmen des maschinellen Lernens angewendet werden, um Muster zu erkennen, Erkenntnisse zu gewinnen und Störungen vorherzusagen.

 4. Risikotolerante Fertigung

Der Spagat zwischen Kosten und Risiko spielt eine große Rolle in einer widerstandsfähigen Lieferkette. Infolgedessen erwarten wir als SAP eine Zunahme von Near- und On-Shoring der Fertigung, die die Risiken reduzieren soll. Dies könnte so drastisch sein, dass die komplette Fertigung eines Produkts an einen anderen Ort verlagert wird oder dass mehrere Fertigungsstätten an verschiedenen Orten ein Produkt herstellen können, um die lokalen Lieferketten respektive die lokale Produktion abzusichern.

Um den Herausforderungen gerecht zu werden, fokussieren wir uns als SAP unter anderem auf folgende Lösungsansätze:

Gute Ausgangslage: Industrie 4.0
Durch Industrie 4.0 wurde hinsichtlich der Vernetzung innerhalb der Unternehmen bereits sehr viel erreicht und somit auch die Datentransparenz erheblich verbessert. Auch in Zukunft werden die Industrie-4.0-Technologien die Digitalisierung weiter vorantreiben. Da die Automobilbranche ihre Produktions- und Vertriebsvolumina erhöht und gleichzeitig die Richtlinien zur sozialen Distanzierung einhalten muss, gehen wir bei SAP von einem Trend zu mehr Robotik und Automatisierung aus, um die Belegschaft zu ergänzen. Wir werden auch Tools sehen, die die Mitarbeiter produktiver und informierter machen. Ausfallsicherheit, Risikominimierung und Transparenz setzen auch hier zuverlässige Daten in Echtzeit voraus, was auch weiterhin die Cloud, IoT und Blockchain in den Vordergrund rücken wird.

Joker: Business Networks
Nachdem Industrie 4.0 in den meisten Unternehmen fest in der Strategie verankert und weitestgehend umgesetzt ist, sehen wir die nächste Stufe in der Vernetzung und damit einhergehenden Transparenz der Daten im unternehmensübergreifenden Bereich, den Businessnetzwerken. Hier geht es darum, die gesamte Wertschöpfungskette digital abbilden zu können, welche essentiell für die Rückverfolgbarkeit von einzelnen Teilen ist.  Letztendlich entspricht die betreffende Lieferkette dann einer Datenkette, die das betreffende Unternehmen einsehen kann und die entsprechenden Erkenntnisse für ihre Planungen nutzen kann.
Um eine Wertschöpfungskette von der Rohstoffbeschaffung bis hin zur Verwertung und letztendlichen Entsorgung / Recycling abbilden zu können muss dies nicht nur technisch in einem entsprechenden System umgesetzt werden, sondern auch das entsprechenden Mindset im Unternehmen vorhanden sein: Die Unternehmen müssen also dafür bereit sein, sich dem offenen Datenaustausch zu stellen und die immer noch bestehenden Datensilos zu durchbrechen.

Geht man einen Schritt weiter, können einzelne Lieferketten miteinander vernetzt werden und so ein branchenübergreifendes Netzwerk geschaffen werden. Voraussetzung für ein skalierbares Datennetzwerk ist hier, dass die Themen Datensouveränität und Datensicherheit zuverlässig geklärt sind. Interoperabilität der standardisierten Daten, Datensicherheit und Datenaustauschfähigkeit entlang der Automobilien Wertschöpfungskette sehen wir hier als die zentralen Bausteine, um die entsprechenden Wertschöpfungspotenziale einer umfassenden Datenökonomie voll auszuschöpfen. Wichtig ist, dass hier die gesamte Branche vom Zulieferer bis zum IT-Ausrüster zusammenarbeiten muss, da branchenübergreifende Netzwerke nur als Gemeinschaftsaufgabe erschaffen werden können. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass die Automobilbranche bereit zur Veränderung ist und kreative und flexible Lösungen im Gemeinschaftsansatz umgesetzt werden und bereits eine Vorreiterrolle einnimmt.

Immer enger mit dem Thema der Lieferketten und der Automobilindustrie verzahnt ist das Thema Nachhaltigkeit. Wir betrachten das Thema Nachhaltigkeit als übergeordnetes Thema dessen Ziele nur durch einen ganzheitlichen Ansatz erreicht werden kann. Dennoch bieten wir auch hier konkrete Lösungsansätze:

Nachhaltigkeit
Neben der Absicherung der Lieferkette profitiert auch das Thema Nachhaltigkeit durch die erhöhte Transparenz. Nach Effizienz und Produktivitätssteigerung ist Nachhaltigkeit ein Hauptthema geworden. Ziel ist es für uns, Co2-Werte entlang der gesamten Lieferkette abzubilden. Damit erreichen wir die Transparenz, um die entsprechenden Schritte einleiten zu können, um letztendlich eine Co2-neutrale Lieferkette zu schaffen. Nachhaltigkeit ist somit direkt mit der Digitalisierungsstrategie der Unternehmen verknüpft und trägt so zur Reduktion des Co2-Ausstoßes bei.

Zusammenfassend kann damit betont werden, dass die Automobilbranche und -unternehmen zwar vor großen Herausforderungen stehen, aber durch die Industrie 4.0 Initiativen bereits schon oft die richtigen Grundlagen geschaffen wurden, um nun die nächsten Schritte zu unternehmen, die Position der betreffenden Unternehmen innerhalb der entsprechenden Handlungsfelder weiter zu stärken.