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Nachhaltige Gen-AI-Applikationen treiben die digitale Transformation

Marie-Fleur Revel
03.06.2025

Viele Unternehmen setzen entweder heute schon Gen-AI*-Lösungen ein oder planen das in naher Zukunft. Sie versprechen sich von Gen AI eine Steigerung der Effizienz sowie Innovation. Nur wenige berücksichtigen dabei die Auswirkungen der Technologie auf den Ressourcenverbrauch. Nicht verwunderlich daher: nur 12 % der Unternehmen messen derzeit die Folgen von Gen AI für die Umwelt (s. Abb. 1).

Abb. 1: Nur 12 % der Unternehmen messen ihren Gen-AI-Fußabdruck. Quelle: Capgemini

Es ist davon auszugehen, dass Gen-AI-Tools im Laufe der Zeit effizienter werden. Insbesondere der lokale und gerätespezifische Einsatz, wie zum Beispiel in Smartphones, benötigt einen energieeffizienten Ansatz. Dennoch nimmt die Nutzung – privat wie geschäftlich – rasant zu und auch die damit verbundenen Umweltbelastungen. Unternehmen müssen sich daher die Frage stellen: Wie gelingt der nachhaltige Einsatz von Gen AI?

Warum ist Gen AI in seiner jetzigen Form so ressourcenintensiv?

Die Umweltauswirkungen von Gen AI sind nicht direkt sichtbar, aber sehr real. Jede Anfrage an ein Gen-AI-Applikation stößt Tausende von Berechnungen an, um eine Antwort zusammenzustellen. Das wirkt sich auf verschiedene Arten auf Energie, Umwelt und Ressourcen aus:

Energie
Die leistungsfähigsten KI-Tools benötigen sogenannte „Graphics Processing Units“ (GPUs), die 10- bis 15-mal mehr Energie als herkömmliche CPUs verbrauchen. Die Internationale Energieagentur prognostiziert, dass sich der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren zwischen 2022 und 2026 mehr als verdoppeln wird, was dem Stromverbrauch Japans entspricht.
Generell kommt es beim Energieverbrauch darauf an: beispielsweise müssen Training und Nutzung unterschieden werden. Während das Trainieren einer Gen AI im Rechenzentrum sehr viel Energie benötigt, ist die Nutzung teilweise – wenn sie beispielsweise über lokales Edge-Computing läuft – weniger energieintensiv. Je nach Tool und konkreter Anfrage benötigt aber nicht nur das Training sondern auch die Gen-AI-Nutzung ein Vielfaches einer regulären Suchmaschinen-Anfrage. Einer häufig zitierten Berechnung zufolge das Zehnfache.

Wasser
Wenn ChatGPT (Version 4) dabei hilft, eine E-Mail mit 100 Wörtern zu schreiben, werden zur Kühlung der Server ca. 519 ml Wasser verbraucht – so viel wie eine handelsübliche Flasche Wasser (je nach Standort und Effizienz der Hardware variiert das etwas).

Ressourcen und CO2-Emissionen für Chips
Die für Gen AI notwendigen Chips/GPUs sind nicht nur während ihrer Nutzung ressourcenintensiv, sondern auch in der Produktion und am Ende ihres Lebenszyklus‘. Ihre Herstellung beispielsweise erfordert seltene Erden, deren Abbau für große Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Zusätzlich verbraucht eine Chipfabrik täglich viele Millionen Liter Reinstwasser, um während des Herstellungsprozesses Rückstände von Siliziumchips zu spülen. Auch das Recycling sämtlicher Hardware am Lebenszyklusende bringt immense Herausforderungen mit sich.

Abb. 2: Mit einer klaren Strategie lassen sich Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen von Gen AI systematisch erfassen und verringern. Quelle: Capgemini

Gen AI bietet Chancen für Nachhaltigkeit

Gen AI kann jedoch auch in vielen Branchen und über die Wertschöpfungskette hinweg Nachhaltigkeit unterstützen. So zum Beispiel in:

  • Produktentwicklung: Gen AI und digitale Zwillinge ermöglichen es, Produkte virtuell zu testen, ohne physische Ressourcen zu verbrauchen
  • Lieferkette: In der Logistik und Luftfahrt können mit Gen AI Wettermuster und Routen optimiert werden, um Treibstoff zu sparen
  • Emissionen: Early-Adopter-Unternehmen überwachen mit Gen AI ihre Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen und automatisieren die ESG-Berichterstattung, um ihre Emissionen effizienter eindämmen zu können

Entwicklung eines verantwortungsvollen Ansatzes für Gen AI

Die Umweltauswirkungen von Gen AI auf Unternehmensebene zu messen, ist herausfordernd. Aber mit einer klaren Strategie ist es möglich. Unternehmen müssten bei der Integration von Nachhaltigkeit in ihre Gen-AI-Strategie Folgendes berücksichtigen:

  • Anwendungsfall prüfen: Ist Gen AI für den Use Case wirklich notwendig?
  • Effiziente Nutzung: Mitarbeitende schulen, um Eingaben und Anfragen zu optimieren.
  • Anleitungen und Empfehlungen: Katalog der besten Tools erstellen, um ressourcenintensive Tools zu vermeiden.
  • Bereichsspezifische Modelle: Kleinere, themen- oder aufgabenspezifische Modelle nutzen.
  • IT-Infrastruktur bewerten: Standardisierte Architekturvorlagen und CO2-Tracking-Tools einsetzen.
  • Nachhaltigkeit in Lieferketten: Emissionsstandards und Entsorgungspraktiken von Drittanbietern prüfen.

Die Auswirkungen von Gen AI auf die Umwelt lassen sich messen und minimieren!

Gen AI verspricht viele Vorteile für Unternehmen – groß sind die Effizienzsteigerungen bei existierenden Prozessen, sowie Wettbewerbsvorteile durch Innovation und informierte Entscheidungen. Nahezu alle Industriezweige sehen dieses Potenzial und erhoffen sich schnellere Markteinführung von Produkten und Kostenreduktion.

Mit einer klaren Strategie lassen sich von Anfang an Ressourcenverbrauch und Umweltauswirkungen systematisch erfassen. Das schafft Transparenz und begünstigt nachhaltige Gen-AI-Nutzung – von der Wahl passender Gen-AI-Tools bis zum energieeffizienten Betrieb der Rechenzentren.

*Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Artikel nicht zwischen generativer und agentenbasierter KI unterschieden, sondern der Begriff „Gen AI“ für beide verwendet.

Marie-Fleur Revel im Interview mit dem Handelsblatt:

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Autorin

Marie-Fleur Revel

Managing Director Insights and Data
Seit 2024 verantwortet Marie-Fleur Revel den Bereich Insights & Data mit dem Ziel, Kunden bei der datengetriebenen Unternehmenstransformation zu unterstützen, um mit neuesten Ansätzen wie Gen AI Wettbewerbsvorteile am Markt zu erzielen. Zuvor war Marie nach ihrem Informatikstudium als Softwareentwicklerin bei Capgemini und danach bei BMW als IT-Projektleiterin tätig, bevor sie 2018 zu Capgemini zurückkehrte. Von 2020 bis 2024 leitete Marie als Geschäftsführerin das Joint Venture XL2, dass sie erfolgreich zu einem Beschleuniger der digitalen Transformation in der Automobilindustrie entwickelte.