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Auf die Energiewende folgt die Ressourcenwende

Lukas Birn
24. Nov. 2022

Die Energiekrise bremst Fortschritte in eine nachhaltige Zukunft aus – in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch konkret in Unternehmen.

Die kurzfristigen Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung haben höchstens zufällig positive Nachhaltigkeitseffekte und Verfechter des Klimaschutzes müssen zähneknirschend Kompromisse wie das Reaktivieren von Kohlekraftwerken akzeptieren.

Ich bleibe Optimist: Ähnlich wie die Corona-Pandemie zuvor scheinbar unüberwindliche Hürden der Digitalisierung überwunden hat, wird die aktuelle Krise letztlich die Energiewende vorantreiben. Die Abhängigkeit von russischem Gas macht uns schmerzhaft klar, dass wir uns in Zukunft nur regenerativ und dezentral sicher mit Energie versorgen können.

Unternehmen verfolgen ambitionierte Klimaschutzziele

Viele Firmen treiben die Energiewende konsequent voran und werden sie für ihren Bedarf bereits in den nächsten Jahren abschließen. Ihre Ziele und Erfolge kommunizieren sie öffentlichkeitswirksam über die weltweite RE100-Initiative hunderter Großunternehmen.

Die Energiewende reduziert die Treibhausgasemissionen der Unternehmen unmittelbar. Der jahrzehntealte Standard des GHG-Protokolls findet endlich seinen gebührenden Platz in der Kommunikation der Unternehmen über ihre Emissionen. Im Verantwortungsbereich produzierender Unternehmen stammen die meisten Emissionen aus dem Einkauf von Waren und Dienstleistungen sowie aus der Verwendung verkaufter Produkte. Mit der fortschreitenden Energiewende wird jedoch der Bereich des Einkaufs dominieren. Damit rücken entlang der Wertschöpfungskette Nachhaltigkeitsaspekte bei der Produktentwicklung in den Fokus. Dies betrifft die Entwicklung der eigenen Produkte, aber auch die bezogener Vorprodukte.

Nachhaltiges Produktdesign braucht Emissionsdaten

Wie unsere kürzlich veröffentliche Studie „Rethink: Why sustainable product design is the need of the hour“ ergab, priorisiert nur jedes fünfte Unternehmen Nachhaltigkeit in seiner Produktdesign-Strategie. Das aber ist erforderlich, um die von den meisten Unternehmen propagierten Net-Zero-Ziele zu erreichen. Dazu gilt es, unverzüglich die Treibhausgasemissionen als zentrale Kennzahl der Produktentwicklung zu betrachten und entsprechend zu handeln.

Die verantwortlichen Produktdesigner und Ingenieure brauchen diese Kennzahlen, um sie neben Kosten, Gewicht etc. als maßgebliche Dimension in die existierenden Optimierungsprozesse einzubeziehen. Die dafür erforderlichen Daten und IT-Systeme müssen an diese Herausforderungen angepasst werden. Diese Änderungen – aber auch die Weiterentwicklung gewohnter Denkmuster – benötigen Zeit, die durch den rapiden Klimawandel knapp bemessen ist. Die Integration der Nachhaltigkeitsziele in das Produktdesign muss daher Priorität haben. Die verbreitete Sorge vor steigenden Kosten ist dabei unbegründet: nachhaltiges Produktdesign kann Kosten einsparen und die Rohstoffversorgung verbessern, wie unsere Studie zeigt. Es liegen also auch hier Chancen in der aktuellen Krise.

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Autor

Lukas Birn

Vice President | Sustainability Lead bei Capgemini in Deutschland
Lukas Birn unterstützt mit seiner langjährigen Industrieerfahrung insbesondere Produktionsunternehmen bei ihrer Transformation zur Erreichung des 1,5°C Ziels. Als Sustainability Lead Germany koordiniert er alle Nachhaltigkeitsaktivitäten auf dem deutschen Markt und verantwortet das Climate Action Execution Portfolio Capgemini.