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Wasserstoff-Transformation Teil 3 – Wie intelligente Wasserstoffproduktion gelingt

Andreas Kötter
16. Aug. 2023
capgemini-engineering

Wasserstoff gilt weltweit als Schlüsselfaktor für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Energiewende. Dazu muss der Wasserstoff jedoch kostengünstig mit erneuerbaren Energien hergestellt und die Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Wie gelingt es also, die klimafreundliche Wasserstofferzeugung kosteneffizienter zu machen und eine intelligente Wasserstoffwertschöpfungskette zu kreieren? Darauf gehen wir in Teil 3 dieser Blogserie ein (Lesen Sie hier Teil 1 und Teil 2).

Bei dem in Deutschland bislang vorherrschenden grauen Wasserstoff (s. Abb. 1), der mit Erdgas hergestellt wird, fallen noch rund 10 kg CO2e pro Kilogramm Wasserstoff an. Allerdings kostet grauer Wasserstoff derzeit 4,5ct/kWh, grüner Wasserstoff hingegen noch 15-18ct/kWh.

Abb. 1: Wasserstoff-Farbenlehre

Der Umstieg auf grünen Wasserstoff und die Etablierung eines globalen Wasserstoffmarktes sind daher sowohl eine Chance als auch ein Risiko für die Industrie. Viele Technologien rund um kohlenstoffarmen Wasserstoff bewegen sich aktuell noch auf einem mittleren Reifegrad. Laut einer Studie des Capgemini Research Institutes zu grünem Wasserstoff werden die kommenden Jahre bis 2030 entscheidend für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft.

Den Staaten und der Industrie muss es in diesem Jahrzehnt gelingen, technologische Barrieren zu entfernen und den Grundstein für eine Wasserstoffinfrastruktur zu legen. Dazu zählen neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Produktionskapazitäten auch intelligente digitale Lösungen.

Bis 2030 und darüber hinaus werden sich die Preise für grünen Wasserstoff aus drei Gründen deutlich absenken:

  1. Durch den Ausbau erneuerbarer Energien in und um Deutschland sinkt der Strompreis und damit die Kosten für die Produktion von grünem Wasserstoff
  2. Die Preise für die Herstellung von Elektrolyseuren sinken und der Markt etabliert sich
  3. Digitale Technologien bieten Effizienzgewinne und Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und bei relevanten Energiewandlern wie der Brennstoffzelle

Kosten senken durch Ausbau erneuerbarer Energien und der Infrastruktur

Ein erstes entscheidendes Kriterium für die Preisbildung grünen Wasserstoffs ist der Strompreis. Die Daten des Agorameter von Agora Energiewende zeigen, dass bereits an sonnigen Tagen aufgrund eines hohen Anteils an Solarenergie mehr Strom in Deutschland vorhanden ist, als verbraucht wird (s. Abb. 2). Der weitere Ausbau erneuerbarer Energien führt daher auch zur Senkung der Kosten für die Produktion von grünem Wasserstoff.

Abb. 2: Strommix und -verbrauch in Deutschland vom 26.05.2023 bis 02.06.2023. Quelle: Agorameter von Agora Energiewende.

Weitere Kernfaktoren sind neben dem Strompreis ebenfalls die Installations- und Produktionskosten von Elektrolyseuren. Diese können nur durch den Auf- und Ausbau von großskaligen Produktionssystemen gesenkt werden. Gleichzeitig ist eine frühzeitige ökologische und ökonomische Betrachtung und Optimierung der einzelnen Komponenten sowie des gesamten Systems sinnvoll, um einen schnellen und umweltschonenden Markthochlauf zu gewährleisten.

Digital Engineering als Innovator

Der Einsatz digitaler Technologien entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette kann diesen Markthochlauf noch weiter beschleunigen und wird in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Ein Beispiel dafür: Die Brennstoffzelle, für deren Markt in den kommenden Jahren starkes Wachstum prognostiziert wird. Im Bereich Mobilität, allen voran im Schwerlastverkehr als auch in der Schifffahrt wird die Brennstoffzelle, deren Design und Hochskalierung allerdings als Herausforderung gesehen.

Intelligente digitale Lösungen bieten hier großes Potential zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Ob kontinuierliche Kostenoptimierung oder Systemüberwachung, über 87 % der Energie- und Versorgungsunternehmen nutzen beispielsweise bereits Daten zur Optimierung ihrer Wasserstoff-Wertschöpfungskette.

Wie in Teil 2 dieser Blogserie erläutert, stellt sich zudem die Herausforderung, die Elektrolyseurkapazität und damit die Leistung zur Wasserstoffproduktion immens zu steigern, damit das Net Zero Ziel 2050 erreicht wird. Um die notwendigen Produktionsanlagen zu planen und effizient zu betreiben, sind Engineering-Lösungen wie geschaffen.

Beschleunigte Entwicklung dank digitaler Zwillinge

Großes unerschlossenes Potenzial bietet hier speziell der Einsatz digitaler Zwillinge (s. Abb. 3).

Abb. 3: Potential digitaler Zwillinge entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette. Eigene Darstellung.

Ein digitaler Zwilling eines Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugs (engl. Fuell Cell Electric Vehicle, FCEV) ermöglicht beispielsweise die Simulation eines Brennstoffzellen-Stacks, eines Antriebsstranges oder eines Balance-of-Plant-Modells. Derlei Simulationen könnten dank Quantum Computing zukünftig nochmal einen immensen Push bekommen. Hieran arbeiten wir gemeinsam mit Partnern im EU-geförderten Projekt EQUALITY. Ein digitaler Zwilling lässt außerdem eine End-of-Life-Analyse zu sowie die ökonomische und ökologische Analyse von Brennstoffzellen-Stacks.

Im Forschungskonsortium HZwo:DigiTwin entwickeln wir darüber hinaus bereits mit Partnern einen digitalen Zwilling, der als gemeinsame Versuchs- und Validierungsplattform dient, und tragen dazu bei, Wasserstofftechnologie den Weg zur breiten Kommerzialisierung zu bereiten.

Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft, intelligente Industrie der Wegbereiter

Mit unserem Intelligent Industry Ansatz helfen wir Unternehmen sich der Herausforderung Wasserstoff zu stellen und ihre Ambitionen in die Tat umzusetzen. Dies umfasst eine Entwicklung ihrer bestehenden Lösungen von der Konzeptionierung, virtuellen Entwicklung, Integration, Kreislauffähigkeit, Kostenoptimierung und Systemdigitalisierung bis hin zur Recyclingfähigkeit und Erstellung von Business Cases.

Wasserstoff ist ein Schlüsselfaktor für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Energiewende. Intelligente Industrie wird beim Aufbau einer Wasserstoffwertschöpfungskette eine integrale Rolle übernehmen.

Wie sieht intelligente Industrie im Mobilitätssektor aus? Wir haben Antworten: Besuchen Sie uns gerne auf der IAA.

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Autor

Andreas Kötter

Head of Research and Innovation, Capgemini Engineering Deutschland
Andreas Kötter arbeitet seit 14 Jahren für Capgemini. Er verfügt über langjährige Expertise in den Bereichen Prototypen- und Demonstratorenentwicklung sowie Innovationsmanagement. Mit mehr als 12 Jahren Erfahrung in der Koordination verschiedener Forschungs- und Innovationsprojekte, die von der Europäischen Kommission und der deutschen Regierung finanziert wurden, leitet er heute das Capgemini Center of Excellence für Forschung und Innovation.