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Künstliche Intelligenz und Finanzkriminalität – Teil 2

Crispijn Groeneveld
04. Feb. 2025

KI bekämpft Finanzkriminalität: Wirksame Geldwäscheprävention durch gezielte Schutzmechanismen

Künstliche Intelligenz (KI oder AI für Artificial Intelligence) hat das Potenzial, Programme zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (Anti-Financial Crime/ AFC) zu revolutionieren, doch ergeben sich aus der Nutzung von KI auch neue Risiken und Sicherheitsbedrohungen. Im ersten Teil unserer Blogserie haben wir einen Überblick über den regulatorischen Rahmen für den Einsatz von KI sowie die Chancen und Herausforderungen gegeben. Im zweiten Teil gehen wir tiefer auf die Herausforderungen auf Basis von Anwendungsbeispielen und die technischen Voraussetzungen für die Implementierung ein.

Welche Risiken lassen sich durch KI bei Banken und Versicherungen mitigieren? 

Die Bewältigung der Herausforderungen bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von KI. Werden die identifizierten Herausforderungen nicht angemessen berücksichtigt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet, kann dies zu operationellen Risiken führen, nämlich zu regulatorischen-, prozessualen- oder Compliance-Risiken. Die folgende Abbildung veranschaulicht die Risikoeinordnung der identifizierten Herausforderungen und macht deutlich, dass einzelne Herausforderungen mehrere operationelle Risiken aufweisen: 

Abbildung 1: Risikoeinordnung der identifizierten Herausforderungen bei der Nutzung von KI1

Wie können die Herausforderungen im Finanzwesen durch KI strukturiert angegangen werden?  

Die identifizierten Herausforderungen resultieren in der Regel aus mehreren Ursachen: Wurden sie im Rahmen einer Ist-Analyse identifiziert, kann eine adäquate Maßnahmenableitung, individuell zugeschnitten auf die einzelnen Herausforderungen, Abhilfe schaffen. Die Ergebnisse schaffen zudem Transparenz, ob der Einsatz von KI sinnvoll ist. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die identifizierten Herausforderungen, möglichen Ursachen sowie daraus abzuleitenden Maßnahmen zur Bewältigung.

Abbildung 2: Ansatz zur Bewältigung der Herausforderungen bei der Nutzung von KI in AFC-Programmen2,3,4,5,6

Eine wesentliche Herausforderung bei der Nutzung von KI ist die Fehlinterpretation der analysierten Daten, auf deren Grundlage falsche Schlussfolgerungen gezogen werden können. Ursachen dafür können unter anderem die unzureichende Qualität der Rohdaten und die fehlende Robustheit der Ergebnisse aufgrund der Architektur des KI-Modells sein.4 Ein Anwendungsbeispiel im AFC-Kontext ist die Identifizierung potenzieller Verdächtiger oder ungewöhnlicher Transaktionen. Werden Trainingsdaten verwendet, welche sich in Umfang und Qualität von Live-Daten unterscheiden, steigt das Risiko von falsch positiven bzw. falsch negativen Meldungen von Transaktionen. Dies kann die Effizienz des KI-Modells verringern und das AFC-System schwächen. Um beispielweise das Problem der Rohdatenqualität zu beseitigen, sind Datenqualitätskontrollen und -präprozessierung unabdingbar.5 Menschliche Überwachung ist daher während der Implementierung von KI und zu Beginn der Nutzung noch immer erforderlich. 

Als zweites Anwendungsbeispiel ist die Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit neben der Identifizierung verdächtiger Transaktionen eine zentrale Herausforderung bei KI-basierter Geldwäscheprävention. Unzureichende Sicherheitskonfigurationen können bei Datenangriffen genutzt werden, während mangelnde Anonymisierung zu Identitätsenthüllungen führen kann. Solche Schwachstellen bergen erhebliche Compliance-Risiken und können zu rechtlichen Konsequenzen und Reputationsverlust führen, insbesondere wenn sensible Finanzdaten oder personenbezogene Daten betroffen sind.6

Gibt es Praxiserfolge, die das Potenzial von KI in der Geldwäscheprävention verdeutlichen? 

Erste Praxisbeispiele bei der Anwendung von KI in der Geldwäscheprävention existieren bereits: Ein global agierendes Finanzinstitut war mit der Herausforderung konfrontiert, dass die Anzahl der falsch positiven Meldungen stetig zunahm. Dadurch stieg der manuelle Aufwand in den operativen Einheiten bei der Transaktionsverarbeitung deutlich.  Durch die Einführung der KI-Lösung auf Basis von historischen Transaktions- und Kundendaten konnte das Transaktionsmodell präziser auf die Kundengruppen und deren Transaktionsverhalten abgestimmt werden.  

Im Ergebnis konnte das KI-Modell deutlich mehr verdächtige Transaktionen identifizieren und gleichzeitig die Zahl der falsch positiven Meldungen reduzieren. Dadurch konnten die Operationseinheiten den Fokus auf die Bearbeitung von echten Verdachtsmeldungen legen und die KI selbst komplexe Geldwäschemuster und kriminelle Netzwerke präzise identifizieren und melden.7 

Welche IT-Rahmenbedingungen müssen für eine erfolgreiche Implementierung von KI in AFC-Programmen erfüllt werden?

Entscheidend für eine erfolgreiche, KI-basierte Geldwäscheprävention sind die richtigen Rahmenbedingungen innerhalb der bestehenden IT-Strukturen im Unternehmen. Abbildung 3 zeigt eine Kategorisierung nach Voraussetzungen, welche die IT-Strukturen für eine KI-Implementierung erfüllen sollten: 

Abbildung 3: Rahmenbedingungen der IT-Architektur bei der Implementierung von KI in AFC-Programmen8

Um KI in AFC-Programmen zu etablieren, gibt es keine einheitliche Lösung. Sie hängt von der unternehmensspezifischen IT-Architektur und den konkreten Zielen des Unternehmens ab. Grundsätzlich erfordert die Entwicklung von KI-Systemen einen ganzheitlichen Ansatz, der technische, ethische und menschliche Faktoren berücksichtigt. Um vor potenziell gefährlichen Angriffen geschützt zu sein und eine reibungslose Implementierung von KI zu ermöglichen, sind wirksame und robuste Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. 

Vielen Dank an meine Co-Autor*innenAnna Zerback & Florian Simon

 

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  1. Eigene Darstellung.  ↩︎
  2. Nicholls, J., Kuppa, A.  und Le-Khac, N. (2021). Financial Cybercrime: A Comprehensive Survey of Deep Learning Approaches to Tackle the Evolving Financial Crime Landscape, in: Institute of Electrical and Electronics Engineers, Heft 9, S. 163965-163986.   ↩︎
  3. Schmitt, M. (2023). Automated machine learning: AI-driven decision making in business analytics, in: Intelligent System Applications, Jg. 18, Artikel 200188.  ↩︎
  4. Forbes (2018). Data Is the Foundation for Artificial Intelligence and Machine Learning, abgerufen über: https://www.forbes.com/sites/willemsundbladeurope/2018/10/18/data-is-the-foundation-for-artificial-intelligence-and-machine-learning/.  ↩︎
  5. Alasadi, S. und Bhaya, W. (2017). Review of Data Preprocessing Techniques in Data Mining, in: International Journal of Computer Sciences and Engineering, Jg. 16, Heft 12, S. 4102-4107.   ↩︎
  6. Forbes (2024). 10 Challenges of Implementing AI In Quality Assurance, abgerufen über: https://www.forbes.com/sites/forbestechcouncil/2024/03/12/10-challenges-of-implementing-ai-in-quality-assurance/.  ↩︎
  7. Google (2024). Fighting money launderers with artificial intelligence at HSBC,  abgerufen über: https://cloud.google.com/blog/topics/financial-services/how-hsbc-fights-money-launderers-with-artificial-intelligence?hl=en.   ↩︎
  8. Eigene Darstellung.  ↩︎

Autor

Crispijn Groeneveld

Senior Manager at Capgemini Invent

Anna Zerback

Senior Consultant | Capgemini Invent

Florian Simon

Senior Consultant | Capgemini Invent