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Agile Steuerung im öffentlichen Sektor – Wirkungsziele als Brückenschlag zwischen Strategie und operativem Geschäft

Bernd Firuz Kramer
27.03.2025
capgemini-invent

Aktuelle Herausforderungen – Strategische Steuerungsfähigkeit herstellen 

Die durch Polykrisen bedingten großen Herausforderungen unserer Zeit erfordern die maximale Leistungsfähigkeit öffentlicher Organisationen. 70% der Bevölkerung attestieren dem Staat Überforderung (forsa/dbb, 2023). Gleichzeitig werden öffentliche Institutionen durch Steuergelder finanziert, haben die gesamte Bevölkerung als ihre Kund*innen und sind über ihr wirtschaftliches Handeln rechenschaftspflichtig. Umso wichtiger ist es, dass der Staat maximal handlungsfähig ist und alle Aktivitäten konsequent auf den gesellschaftlichen Leistungsauftrag ausrichtet. Eine wirksame Steuerungsfähigkeit ist also unabdingbar, sei es für die Mitarbeitenden und im Kontext des demografischen Wandels, zur Verbesserung der IT-Infrastruktur, zur Schaffung moderner und digitaler Arbeitsplätze, zum konsequenten Mitdenken von Nachhaltigkeit, zur effektiven Beschaffung oder zur Umsetzung neuer Gesetze und Beschlüsse – um nur einige typische Steuerungsdimensionen zu nennen. Im Vergleich zur Industrie hat der öffentliche Sektor jedoch eine besondere Herausforderung: die regulatorischen Rahmenbedingungen bilden entlang des gesetzlichen Auftrags von Bundes- und Landesbehörden sowie Kommunen eine Sonderstellung.

Handlungsbedarf – der öffentliche Sektor muss seine Umsetzungsfähigkeit erhöhen

Bei der effizienten Umsetzung ihres Leistungsauftrages stehen öffentlichen Behörden nicht zuletzt ihre Größe sowie historisch gewachsenen Strukturen oftmals im Weg. Insbesondere in der Umsetzungsfähigkeit und Umsetzungsgeschwindigkeit der behördlichen Strategien, von Innovationen sowie des Bürokratieabbaus gibt es noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Die Setzung strategischer Ziele, insbesondere in Bundesbehörden, folgt oftmals dem zeitlichen Rahmen von Legislaturperioden. Selten werden Strategien langfristig, beziehungsweise nur mit Änderungen auf Basis von Wechseln in der Leitungsebene, verfolgt. Strategische Ziele und operative Prioritäten von Abteilungen sind häufig voneinander entkoppelt. Abteilungen setzen ihre Ziele zumeist entlang ihrer individuellen Aufgaben. Die Steuerung erfolgt über den Personalbedarf. Es entstehen Silo-Strukturen und unklare Verantwortlichkeiten, welche eine übergreifende Steuerung erschweren.

Eine mögliche Lösung ist die Einführung eines wirkungsorientierten, agilen Steuerungsansatzes. Die Strategie der Organisation kann dabei mit den operativen Prioritäten von Abteilungen verknüpft und deren Umsetzung deutlich agiler gesteuert werden. Eine unabdingbare Anforderung in der heutigen, komplexen Welt.

Abbildung 1: Aktuelle Steuerungsansätze sind schwergängig, die Fähigkeit zur agilen Umsteuerung muss weiter entwickelt werden

Wirkungsorientierte Steuerung – Strategie und Prioritäten des operativen Geschäfts verknüpfen

Um wirkungsorientierte Steuerung pragmatisch umzusetzen, muss eine Brücke zwischen strategischen Prioritäten, also dem Leistungsauftrag und dem Wertschöpfungsmodell der Organisation, sowie dem operativen Tagesgeschäft, also dem Betriebsmodell der Organisation, geschlagen werden. Um den Brückenschlag zu ermöglichen, sollte ein Planungs- und Steuerungsmodell entwickelt werden, das die Kaskade von der Strategie bis zu den operativen Prioritäten abbildet.

Abbildung 2: Wirkungsorientierte Steuerung mit OKRs eröffnet einen Brückenschlag zwischen der Strategie und dem operativen Geschäft

Wirkungsorientierte Ziele (Wirkungsziele) und die richtigen Messgrößen (auch Objectives und Key Results (OKRs) genannt), bieten eine Lösung. Während die langfristige Vision und Strategie für mehrere Jahre festgelegt werden, reflektieren Jahresziele organisationsübergreifend, was in den kommenden 12 Monaten für die Umsetzung der Strategie erreicht werden kann. Die Jahresziele sind Basis für konkrete Wirkungsziele, welche bspw. über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten die weitere Operationalisierung ermöglichen. Beschrieben wird dadurch eine Wirkung/Veränderung, die durch nicht fest vorgegebene Lieferobjekte erreicht werden soll. Die Gestaltung dieser kann auch bereichsübergreifend sein. Zu jedem Wirkungsziel werden 1-5 Messgrößen definiert, welche klar messbare Ergebnisse und quantifizierte Zielwerte enthalten. Bei der Definition von Messgrößen stellt sich stets die Leitfrage „Wie kann ich ein messbares Ergebnis definieren, um festzustellen, dass die im Wirkungsziel beschriebene Wirkung erzielt wurde?“. Mit messbaren Ergebnissen haben somit einzelne Abteilungen oder Bereiche anschließend die Möglichkeit, ihre Prioritäten und Beitrag zur Erreichung der Ziele vorzuschlagen und entsprechende Lieferobjekte zu definieren. So wird die an Wertstiftung geknüpfte Mittelverwendung sichergestellt.

Abbildung 3: Die eigene Strategie schnell operationalisieren und konkrete Maßnahmen ableiten zu können ist wesentlich für Wirksamkeit

Fazit – Umsetzungsfähigkeit durch wirkungsorientierte Steuerung ist möglich

Wir sind überzeugt, dass wirkungsorientierte Steuerung in öffentlichen Verwaltungen nicht nur erforderlich, sondern auch umsetzbar ist. Der Abbau von Bürokratie, die Umsetzung der Digitalisierung und die Erhöhung der Innovationsgeschwindigkeit sind essenziell, um die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung langfristig zu sichern. Moderne Behörden setzen dabei auf Steuerungsmodelle, die Ende-zu-Ende-Wertströme definieren und durch holistische Kennzahlensysteme ergänzt werden. Durch eine konsequente Messung von Wirkung und gesellschaftlichem Mehrwert wird die Nutzendenperspektive in den Vordergrund gerückt, sei es, um Wirksamkeit, Effektivität und Effizienz in der Organisation zu verbessern, gezielt die Kapazität der Mitarbeitenden einzusetzen oder Leistungen für  Bürger*innen zu verbessern.

Durch eine wirkungsorientierte Steuerung kann der öffentliche Sektor seine Umsetzungsfähigkeit entscheidend verbessern – und so das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine leistungsfähige Verwaltung stärken.

Unsere Expert*innen

Bernd Firuz Kramer

Vice President | Public Sector Germany, Capgemini Invent
Bernd Firuz Kramer ist überzeugt, dass starke und moderne Institutionen grundlegend für eine widerstandsfähige Demokratie sind. Zu ihrer Weiterentwicklung beizutragen, ist für ihn nicht nur Beruf, sondern persönliche Überzeugung. Als Leiter des Bereichs Public Finance bei Capgemini Invent berät er Steuer- und Zollbehörden, öffentliche IT-Dienstleister und Zentralbanken bei ihrer strategischen Transformation. Er unterstütze dabei, Modernisierung wirkungsorientiert zu gestalten und umzusetzen – von der Strategie bis zur Umsetzung in komplexen Strukturen.

Dr. Steve Raue

Director | Public Sector Germany, Capgemini Invent
Dr. Steve Raue ist Director im Öffentlichen Sektor von Capgemini Invent. Seit über 10 Jahren berät und arbeitet er in den Bereichen Digitalstrategie, agiler Steuerung, Transformationsbegleitung und Portfoliostrategie. Neben seiner Erfahrung aus mehreren Beratungsunternehmen, bringt Steve Raue auch mehrjährige Erfahrung in verschiedenen Positionen eines privatwirtschaftlichen Unternehmens ein.

Sarah Aurnhammer

Senior Manager | Enterprise Transformation Germany, Capgemini Invent
Sarah Aurnhammer ist Senior Managerin mit Fokus auf Business Agility und Expertin für Agile Organizational Development & Agile Change in unserem Workforce & Organization Team. Mit langjähriger Erfahrung in der Begleitung von Unternehmen über Branchen hinweg fokussiert sie auf agile Transformationen, Führungs- und Kulturentwicklung. Sarah begleitet ihre Kund*innen holistisch und nachhaltig in ihrer Transformation zu einer adaptiven und zukunftsfähigen Organisation, wobei sie als systemische Coach nie den menschliche Faktor in Veränderungen aus dem Blick verliert.

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