Viele OEM stehen vor Herausforderungen bei der Einführung von Systems Engineering in der Produktentwicklung

In der modernen Produktentwicklung erkennen viele OEMs (Original Equipment Manufacturers) zunehmend die Notwendigkeit eines systematischen End2End-Ansatzes. Disruptive Trends wie ADAS (Advanced Driver Assistance Systems) und Shared Mobility führen zu einer steigenden Komplexität und einer erhöhten Nachweispflicht. Daher beschäftigen sich viele Unternehmen intensiv mit Systems Engineering (SE). Um jedoch den vollen Nutzen daraus zu ziehen, muss Systems Engineering umfassend eingeführt und gelebt werden.

In vielen Projekten in der Automobilindustrie zeigt sich jedoch, dass Systems Engineering oft nicht den gewünschten Erfolg bringt oder scheinbar schwierig mit agiler Softwareentwicklung zu vereinbaren ist. Vielfach wird der Fokus nur auf die Einführung neuer Tools gelegt und dabei wesentliche Faktoren für eine erfolgreiche Transformation vernachlässigt (siehe Abbildung 1). Ein durchdachtes Prozessmodell kann dabei helfen, einen holistischen Systems Engineering Ansatz erfolgreich zu implementieren und die Herausforderungen der modernen Produktentwicklung zu meistern.

Abbildung 1: Fundament zur Implementierung eines holistisches SE-Ansatzes

Prozessmodell als Voraussetzung zur erfolgreichen Realisierung von Systems Engineering

Ein Prozessmodell ist ein Instrument, das der strukturierten Beschreibung von Geschäftsprozessen dient. Es stellt definierte Arbeitsabläufe als Abfolge von Aktivitäten in einem bestimmten Bereich dar, indem es die Prozesse definiert, verantwortliche Rollen festlegt und allokiert und die erzeugten Arbeitsprodukte der entsprechenden Prozesse beschreibt. Je nach Bedarf kann ein Prozessmodell in verschiedenen Abstraktionsgraden definiert werden. Beispielsweise kann durch die Nutzung mehrerer Detaillierungsebenen eine immer feiner werdende Auflösung von Prozessen dokumentiert werden. So setzt sich beispielsweise der Prozess des Anforderungsmanagements aus den Subprozessen Anforderungserhebung, -analyse, -dokumentation und -validierung zusammen.

Ein klar definiertes Prozessmodell ermöglicht es Unternehmen, Aktivitäten innerhalb und zwischen verschiedenen Bereichen zu harmonisieren und optimal aufeinander abzustimmen. Dies gewährleistet nicht nur die Beherrschung der wachsenden Systemkomplexität und Interdisziplinarität, sondern auch die Einhaltung von Qualitätsstandards und Dokumentationsanforderungen in der Automobilindustrie, die unter anderem für autonomes Fahren notwendig sind.

Systematische Entwicklung: Prozesse und Produktstrukturen im Fokus

Auf Basis des Systemgedankens mit dediziertem Fokus auf Entwicklungsumfänge innerhalb des Produktlebenszyklus ist ein Prozessmodell entscheidend, um einen Rahmen für konformes Arbeiten nach Systems Engineering zu schaffen. Hierbei werden im Sinne eines holistischen Ansatzes und Einbettung in die Enterprise Architecture sowohl direkte als auch indirekte Produktentwicklungsprozesse berücksichtigt:

  • Direkte Prozesse konzentrieren sich konkret auf das zu entwickelnde System und beinhalten die Spezifikation in Form von Anforderungen als Basis für die Architekturgestaltung im Systemdesign bis hin zur eigentlichen Implementierung. Abgerundet wird der linke Bereich des etablierten V-Modells durch die Hauptprozesse für die Systemintegration, Verifikation und abschließende Validierung.
  • Indirekte / technische Managementprozesse dienen der Planung und Steuerung und beinhalten u.a. Aspekte wie Projekt-, Konfigurations- und Änderungsmanagement.

Im Sinne des Systems Engineerings wird für eine nach Möglichkeit generische Gültigkeit, Kohärenz und Skalierbarkeit eine Art Selbstähnlichkeit der betrachteten Systemlevel angestrebt:

  • Das zu betrachtende System (“System of Interest“) wird in seine Untersysteme dekomponiert, die wiederum jeweils als neue Systeme mit entsprechendem Prozess-, Rollen- und Datenmodell behandelt werden.
  • Der Einsatz von wiederkehrenden Prinzipien führt durch ein einheitliches Vorgehen zu einer Reduktion der Komplexität.

Durch ein mandatiertes und gelebtes Prozessmodell und die Kompatibilität und gegenseitige Ergänzung mit agilen Frameworks werden strukturierte und umfassende Herangehensweisen für komplexe Produkte um Flexibilität und schnellere Anpassungsfähigkeiten erweitert. Gemeinsam ermöglichen sie eine iterative und inkrementelle Entwicklung mit kontinuierlichen Verfeinerungen, um allen relevanten Anforderungen und Regularien (u.a. ASPICE, CSMS) mit Effizienz gerecht zu werden.

Ihr Weg zu effizienter und transparenter Entwicklung

Effizienz und Transparenz in der Produktentwicklung sind entscheidend für den nachhaltigen Erfolg in der Automobilbranche. Ein durchgängiges Prozessmodell ist hierbei ein maßgeblicher Beschleuniger für einen Systems Engineering Ansatz, welcher die Entwicklung ineinandergreifender und hochvernetzter funktionaler Gesamtsysteme fördert. Insbesondere in der Automobilindustrie, wo Trends wie Elektromobilität, autonomes Fahren und vernetzte Fahrzeuge die Komplexität erhöhen, ist ein solches Modell unerlässlich.

Unsere Experten bei Capgemini helfen Ihnen gerne bei der Implementierung moderner state-of-the-art Entwicklungsprozesse und bringen hierbei unsere industrieübergreifende Expertise sowie das in unserem Capgemini Continuous Systems Engineering-Prozessmodell gebündelte Know-How ein. Florian Lux, Said Nahari, Yannick Scheler und Konstantin Fuchs freuen sich auf Ihre Kontaktaufnahme.