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9 Herausforderungen in der Produktion
Wie MBSE in Aerospace & Defense hilft

Capgemini
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May 30, 2025
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In unserem ersten Blogbeitrag zum Thema Model-Based Systems Engineering (MBSE) haben wir das große Ganze betrachtet: die Ursprünge des Systems Engineerings, wie sich daraus MBSE entwickelt hat und warum diese Entwicklung eine bedeutende Chance für Innovationen in der Luft- und Raumfahrt sowie der Verteidigungsindustrie (A&D) darstellt – insbesondere, wenn MBSE auch in Produktionsumgebungen integriert wird.

In diesem Beitrag gehen wir einen Schritt weiter und zeigen auf, wie MBSE A&D-Unternehmen dabei unterstützen kann, zentrale Herausforderungen in der Produktion zu meistern. Wir stellen die neun häufigsten Problemfelder vor, die uns unsere Kunden regelmäßig schildern.   

1. Brücken schlagen zwischen Entwicklung und Fertigung

MBSE ermöglicht es Ingenieurteams, ein zentrales digitales Datenmodell zu erstellen – eine „Single Source of Truth“, die sämtliche, projektrelevante Informationen vereint. Dieses Modell dient als gemeinsame Grundlage für Entwicklungs- und Fertigungsteams und schafft Transparenz über alle beteiligten Systeme und Prozesse hinweg. So erhalten Fertigungsteams stets aktuelle und präzise Informationen zum Produkt, was Missverständnisse, fehlerhafte Spezifikationen oder unklare Anweisungen vermeidet – typische Ursachen für Verzögerungen oder Fehler in der Produktion

Darüber hinaus erlaubt MBSE eine Betrachtung aus der Perspektive eines „System of Systems“ (SoS). Dies hilft Fertigungsteams, das Zusammenspiel einzelner Produktionssysteme im Gesamtkontext zu verstehen – ein entscheidender Vorteil bei zunehmend komplexen A&D-Programmen. So lassen sich globale Herausforderungen erkennen, die bei isolierter Betrachtung einzelner Prozesse leicht übersehen würden.

2. Optimierung der Produktionsplanung

Mit MBSE können Hersteller Produktionsprozesse virtuell simulieren, noch bevor die physische Fertigung beginnt. Durch digitale 2D-Simulationen von Montagelinien, Ressourceneinsatz und Arbeitsabläufen lassen sich Engpässe, Ineffizienzen oder Konflikte frühzeitig identifizieren. Produktionsverantwortliche können verschiedene Szenarien durchspielen, Zeitpläne anpassen, Personal optimal einsetzen und Maschinen effizient auslasten – alles auf Basis datengetriebener Entscheidungen.

3. Unterstützung komplexer Montageprozesse

Moderne A&D-Systeme bestehen aus tausenden präzise aufeinander abgestimmten Komponenten – oft mit engen Toleranzen und komplexen Abhängigkeiten. Hinzu kommt der Einsatz unterschiedlichster Technologien wie Software, Sensorik, Elektronik und neuartiger Materialien. Schon kleine Fehler können gravierende Folgen haben. MBSE bietet hier einen modellbasierten Ansatz, um diese Komplexität zu beherrschen: Es definiert klare Beziehungen zwischen Komponenten, Subsystemen und Gesamtsystemen – und integriert diese von Anfang an.

Digitale Modelle ermöglichen es, Interaktionen zwischen Bauteilen zu validieren, potenzielle Passprobleme frühzeitig zu erkennen und den Montageprozess Schritt für Schritt zu simulieren. Gleichzeitig sorgt MBSE für eine durchgängige Kommunikation zwischen allen Beteiligten – vom Konstrukteur bis zum Lieferanten – und stellt sicher, dass alle mit denselben, stets aktuellen Daten arbeiten.

4. Qualitätssicherung und Testmanagement

MBSE integriert Qualitätssicherung und Testprozesse direkt in die digitale Entwicklungsumgebung. So lassen sich Schwachstellen frühzeitig erkennen, Prozesse optimieren und kostspielige Nacharbeiten vermeiden. Standardisierte Testprotokolle sorgen für einheitliche Qualitätsmaßstäbe – auch über verteilte Produktionsstandorte hinweg.

Zudem erleichtert MBSE die Einhaltung regulatorischer Vorgaben: Alle Tests und Validierungen werden digital dokumentiert, was die Zertifizierung beschleunigt und die Nachvollziehbarkeit erhöht – ein entscheidender Vorteil in der stark regulierten A&D-Branche.

5. Effizientes Änderungsmanagement

Anpassungen an Anforderungen oder Designs sind in der A&D-Produktion unvermeidlich – sei es durch neue Kundenwünsche, regulatorische Änderungen, Lieferengpässe oder technologische Weiterentwicklungen. MBSE bietet einen strukturierten, digitalen Ansatz für das Änderungsmanagement: Änderungen werden in Echtzeit im zentralen Modell abgebildet und automatisch auf alle betroffenen Systeme, Komponenten und Prozesse übertragen.

Das reduziert Inkonsistenzen, vermeidet Missverständnisse und stellt sicher, dass keine veralteten Informationen in die Produktion gelangen. Gleichzeitig ermöglicht MBSE eine fundierte Auswirkungsanalyse: Bevor Änderungen umgesetzt werden, können deren Folgen auf Leistung, Montageabläufe oder Lieferketten simuliert und bewertet werden – für fundierte, wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen.

6. Integration der Lieferkette

Die industrielle Fertigung im A&D-Sektor ist auf komplexe, mehrstufige Lieferketten angewiesen – mit Komponenten von zahlreichen Zulieferern aus unterschiedlichen Regionen. Damit diese pünktlich, spezifikationsgerecht und im Einklang mit den Produktionsplänen geliefert werden, ist eine enge Abstimmung unerlässlich. MBSE verbessert die Integration der Lieferkette durch einheitliche Modellierungsstandards und eine gemeinsame Kommunikationsplattform. So können sich Zulieferer einfacher mit den Anforderungen der Fertigung abstimmen und effizient mit allen Beteiligten entlang der Lieferkette zusammenarbeiten.

Ein wesentlicher Vorteil liegt in der Möglichkeit, Lieferantendaten direkt in den Entwicklungs- und Produktionsprozess einzubinden. Digitale Modelle von Zulieferteilen lassen sich in die Systemarchitektur integrieren, sodass virtuelle Pass- und Funktionstests bereits vor der Anlieferung durchgeführt werden können. Das minimiert Integrationsprobleme und stellt sicher, dass alle Komponenten wie vorgesehen zusammenarbeiten.

Darüber hinaus stärkt MBSE die Resilienz der Lieferkette durch Echtzeitüberwachung und prädiktive Analysen. Hersteller können die Auswirkungen von Störungen – etwa Materialengpässen, Lieferverzögerungen oder regulatorischen Änderungen – auf Produktionspläne und Systemleistung frühzeitig erkennen. Durch die Simulation alternativer Beschaffungsszenarien im digitalen Zwilling der Fertigung lassen sich Risiken proaktiv abfedern, bevor sie eskalieren.

7. Schnellere Produktionsanläufe und Skalierbarkeit

Die termingerechte Bereitstellung missionskritischer Systeme ist für A&D-Programme von zentraler Bedeutung. MBSE hilft, die Zeitspanne vom ersten Konzept bis zur Auslieferung eines funktionsfähigen Produkts deutlich zu verkürzen. Durch effizientere und präzisere Designiterationen kann die Produktion früher starten. Gleichzeitig ermöglicht MBSE eine schnellere und sicherere Skalierung der Fertigung – ein entscheidender Vorteil in einem Umfeld, in dem Flexibilität und Geschwindigkeit zunehmend erfolgsentscheidend sind.

8. Compliance und Rückverfolgbarkeit

In großen A&D-Projekten unterliegt jeder Schritt der Fertigung strengen regulatorischen Vorgaben. MBSE schafft eine lückenlose, digitale Dokumentation aller Design- und Prozessentscheidungen im Hinblick auf deren Konformität mit geltenden Normen. Das erleichtert Audits, Zertifizierungen und die Qualitätssicherung erheblich – insbesondere in stark regulierten Branchen wie der Luft- und Raumfahrt oder Verteidigung.

Zudem verbessert MBSE die teamübergreifende Zusammenarbeit, da alle Beteiligten jederzeit Einblick in die Entwicklungshistorie von Produkten und Prozessen haben. So wird Transparenz geschaffen und die Einhaltung regulatorischer Anforderungen nachhaltig unterstützt.

9. Kostenkontrolle und Risikominimierung

MBSE trägt über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg zur Kostensenkung bei. Durch frühzeitige Erkennung von Designfehlern und die Reduzierung von Nacharbeiten lassen sich teure Änderungen in späteren Entwicklungsphasen vermeiden. Gleichzeitig vereinfacht MBSE die Einhaltung von Branchenstandards, wodurch Bußgelder oder Produktionsstopps vermieden werden können

Indem potenzielle Herausforderungen bereits in der Planungsphase identifiziert werden – etwa Materialengpässe, Prozessineffizienzen oder Integrationsprobleme – ermöglicht MBSE eine vorausschauende Steuerung. Durch die Simulation verschiedener Szenarien und die Bewertung möglicher Einschränkungen können fundierte Entscheidungen getroffen werden, die Effizienz und Ressourceneinsatz optimieren. So bleibt die Produktion im Zeitplan – und unerwartete Verzögerungen oder kostspielige Umplanungen werden vermieden.

Viele dieser Herausforderungen sind für Unternehmen der Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung bereits Realität – und sie werden mit zunehmender Systemkomplexität weiter zunehmen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um MBSE-Kompetenzen auch in der Produktion aufzubauen – bevor es andere tun.

Beschleunigte Produktion für Aerospace & Defense Systeme

Introducing Model-based Systems Engineering

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