Zum Inhalt gehen

Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie – Hygienefaktor oder Differenzierungspotenzial

Siegfried Adam
16. Dez. 2020
capgemini-invent

Alle deutschen Automobilhersteller haben Nachhaltigkeit mittlerweile fest in ihren Unternehmensstrategien verankert. Neue Marken wie Tesla oder Polestar stellen dies sogar in den Mittelpunkt ihrer Unternehmensausrichtung [1, 2].

Nachhaltigkeit – in der Strategie der Automobilhersteller angekommen, aber bisher nur zaghaft umgesetzt

Wie die Capgemini Studie The Automotive Industry in the Era of Sustainability zeigt, werden diese strategischen Ambitionen bisher eher fragmentiert und zaghaft umgesetzt. Fast alle Unternehmen haben zwar Fortschritte im Bereich Entwicklung und Produktion erzielt, es fehlt aber häufig noch an einer ganzheitlichen Umsetzung entlang der Wertschöpfungskette, z. B. in der Beschaffung, in Vertrieb und Marketing, im Aftersales, der Fahrzeugnutzung oder im Bezug auf das Thema Recycling.

Der Markt für E-Autos (Batterie-Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride) hingegen boomt 2020 in Deutschland. Mit einem Anteil an Neuzulassungen von knapp 20 Prozent im November hat sich das Segment verglichen zum Januar 2020 fast verdreifacht [3].

Die mittlerweile bis 2025 verlängerten Förderungen in Deutschland bieten weiterhin beste Rahmenbedingungen für steigende Marktanteile von E-Autos, fördern aber gleichzeitig auch den Wettbewerb mit neuen Marken, die aus den USA oder Asien auf europäische Märkte drängen. Damit steigt der Druck auf traditionelle Hersteller nicht nur E-Autos anzubieten, sondern ihre Kunden für nachhaltige Mobilität zu begeistern.

Kunden stehen vor vielfältigen Herausforderungen, wenn ihnen Nachhaltigkeit wichtig ist

Doch wie kann dies gelingen und warum ist es nicht damit getan, die Anzahl von Fahrzeugen mit elektrifizierten Antriebssträngen im eigenen Angebot zu erhöhen?

E-Autos erfordern in vielen Bereichen ein Umdenken aller Beteiligten. Kunden müssen sich in das Thema Laden hineindenken. Gerade Kunden, die bisher wenig Affinität zu technologisch und häufig auch in der Bedienung komplexen Infotainmentsystemen oder Fahrerassistenzsystemen haben, müssen sich nun mit e-Routen, Ladeplänen, QR Codes oder Fahrzeug-Apps beschäftigen.

Vor den Herausforderungen der Nutzung steht zudem noch der Prozess von Auswahl und Anschaffung. Wenn Nachhaltigkeit für die Kaufentscheidung eine Rolle spielt, ist dann meine bisher bevorzugte Marke wirklich glaubwürdig? Gibt es ein Fahrzeug im Angebot, das meine individuellen Bedürfnisse tatsächlich erfüllt? Wie nutze ich das Fahrzeug nachhaltig und welche Faktoren beeinflussen den Wiederverkaufswert? Werden alle wertvollen Rohstoffe recycelt?

Derjenige Hersteller, der es zusammen mit dem Handel schafft, Kunden entlang dieser Reise zur richtigen Zeit die richtigen Antworten zu geben, wird nicht nur einen kurzfristigen und möglicherweise durch staatliche Förderungen unterstützten Verkaufserfolg erzielen, sondern in Bezug auf Nachhaltigkeit auch als Marke überzeugen und Kunden längerfristig an sich binden können. Das Differenzierungspotenzial wird aber insbesondere gegenüber neuen Marken nur dann entstehen, wenn traditionelle Automobilhersteller dies ausgehend von der Kundenerfahrung zügig und umfassend adressieren.

Welche Erwartungen haben Kunden in Bezug auf Nachhaltigkeit – was erleben sie heute?

Doch zunächst gilt es zu verstehen, welche Erwartungen Kunden tatsächlich in Bezug auf Nachhaltigkeit haben, ob sie dafür bereit sind mehr zu bezahlen und wo tatsächlich die heutigen Schwachpunkte entlang der „Customer Journey“ liegen.

Hierzu haben wir zunächst untersucht, welche Präferenzen, Erwartungen und Zahlungsbereitschaft Kunden in Deutschland, Großbritannien und den USA in Bezug auf Nachhaltigkeit haben. In einem zweiten Teil wurden die Kundenerfahrungen entlang der „Customer Journey“ für Kunden der Marken Audi, BMW, Mercedes, Tesla und VW untersucht und verglichen.

Was sind Ihre Erwartungen an die Automobilbranche und welche Erfahrungen haben Sie als Kunden gesammelt? In den nächsten Wochen werden wir als Fortsetzung dieses Blogbeitrags auf die Ergebnisse dieser Studie eingehen, erfolgsversprechende Lösungsansätze hervorheben und die relevanten Handlungsfelder beschreiben.

Vielen Dank an die Co-Autoren Maren Kibele, Maximilian Werner, Katharina Schuback und Charlotte Hufnagel.

[1] “Tesla’s mission is to accelerate the world’s transition to sustainable energy”, Tesla Impact Report 2019, tesla.com, 2020

[2] „The guiding star to sustainability“, about.polestar.com, 2020

[3] „Pressemitteilung Nr. 4/2020“, „Pressemitteilung Nr. 28/2020“, Kraftfahrtbundesamt, 2020

Alle Blogposts der Reihe “Nachhaltigkeit beim Autokauf”

Autor

Siegfried Adam

Meine Leidenschaft gilt der nachhaltigen Mobilität – ich helfe Unternehmen aus verschiedenen Branchen, diese Vision in die Realität umzusetzen. Als Director in der Brand & Experience Unit von Capgemini Invent unterstütze ich Firmen dabei, ihre Markenambitionen Realität werden zu lassen, indem sie digitale Technologien nutzen und ihre Kund*innen in den Mittelpunkt von Geschäftsentscheidungen stellen.

    Blog-Updates per Mail?

    Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle zwei Monate eine Auswahl der besten Blogartikel.