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Nachhaltigkeit in der Automobilbranche – Welchen Wert legen die Kunden darauf und was erleben sie heute?

Siegfried Adam
06. Jan. 2021
capgemini-invent

Im ersten Blogartikel sind wir auf die Relevanz von Nachhaltigkeit in der Automobilbranche eingegangen und haben aufgezeigt, dass sie zum Differenzierungsfaktor gegenüber alten und neuen Wettbewerbern werden kann. In unserer für Anfang 2021 zur Veröffentlichung geplanten Studie mit über 1.900 Teilnehmern in Deutschland, Großbritannien und den USA untersuchten wir, welche Präferenzen und Erwartungen Kunden hierzu haben und was sie entlang der „Customer Journey“ heute tatsächlich erleben.

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Abbildung 1: Ergebnisse unserer internationalen Kundenbefragung.

Nachhaltigkeit als wesentlicher Entscheidungsfaktor beim Fahrzeugkauf

Unsere Studie hat ergeben, dass 69 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit als wichtiges Kaufkriterium betrachten. Rund 80 Prozent der Kunden sind dabei bereit, einen Preisaufschlag zwischen einem und über 10 Prozent dafür zu bezahlen – vorausgesetzt das neue Fahrzeugmodell überzeugt sie auch sonst.

Über ein Drittel der Befragten würde sogar die Automarke aus Nachhaltigkeitsgründen wechseln. Bei VW-Besitzern ist dies mit einer Zustimmungsrate von 45 Prozent besonders ausgeprägt, während nur 26 Prozent der Tesla-Besitzer dies so sehen.

Fragt man Mercedes-, BMW- oder Audi-Besitzer, welcher Automobilhersteller für sie die Marke mit der größten Glaubwürdigkeit bezüglich Nachhaltigkeit ist, wird an erster Stelle der eigene Hersteller genannt mit Tesla jeweils auf Platz zwei. VW-Besitzer hingegen sehen Tesla auf Platz eins und die eigene Marke knapp dahinter.

Somit birgt Nachhaltigkeit nicht nur konkretes Potenzial zur Differenzierung, sondern auch für langfristige Kundenbindung, Neukundengewinnung und höhere Margen.

Automobilhersteller erfüllen Kundenerwartungen an ein konsistentes Nachhaltigkeitserlebnis noch nicht

Die Zeiten, in denen Kunden Nachhaltigkeit vor allem mit Produkten mit niedrigem Verbrauch oder Elektroantrieb gleichsetzen, sind vorbei – Nachhaltigkeit ist Kunden entlang der gesamten Customer Journey wichtig.

Unsere Analyse zeigt Licht aber auch einige Schatten auf hinsichtlich dem, was Kunden, die an Nachhaltigkeit interessiert sind, heute entlang der Customer Journey [2] erleben – sowohl im Vergleich der Marken, als auch zwischen Händlern der gleichen Marke. Insgesamt schneidet Tesla mit knapp 35 von insgesamt 50 erreichbaren Punkten in unserer Untersuchung am besten ab, wobei dies in Schulnoten ausgedrückt auch nur „befriedigend“ wäre. BMW erreicht mit 31 von 50 Punkten ebenso „befriedigend“, während Mercedes, Audi und VW in dieser Reihenfolge mit zwischen 29 und knapp 25 Punkten lediglich die Note „ausreichend“ erhalten würden.

Auch entlang der Customer Journey schwanken die Ergebnisse für jede Marke teilweise stark. So erreicht Tesla zwar in drei der fünf Phasen die Note „gut“, in der Phase „Search & inform“ aber, insbesondere aufgrund der sehr eingeschränken Fahrzeugpalette, nur ein knappes „befriedigend“. BMW schwankt sogar zwischen „gut“ und „ausreichend“.

Das digitale Ökosystem der Fahrer – der Schlüssel zum langfristigen Erfolg

Auch in der Phase „Get & use“ besteht Handlungsbedarf. Die klare Mehrheit unserer Befragten (83 Prozent) wünschen sich eine bessere Nutzung digitaler Technologien:

  • Fast 40 Prozent der Befragten wünschen sich Lösugen von Automobilherstellern zur intelligenten Fahrzeugsteuerung. Hierzu zählt die navigationsbasierte Umschaltung von Plug-in-Antrieben oder ein „Grüne-Welle-Assistent“.
  • Ein Viertel der Befragten wäre bereit, Daten rund um das Fahren zu teilen, um für umweltfreundliches Fahren attraktive Angebote von Drittanbietern wie Versicherungsrabatte zu erhalten.
  • Ebenso wurden Bonusprogramme der Hersteller von einem Viertel der Befragten positiv bewertet, bei denen sie für nachhaltiges Fahren mit geldwerten Punkten belohnt werden.

Automobilhersteller brauchen einen Nachhaltigkeitsfahrplan entlang der Customer Journey, um relevant zu bleiben

Sehen Sie auch ein „Gap“ zwischen Nachhaltigkeits-Anspruch der Automobilbranche und der Realität der Kunden? Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Hebel dieses zu schließen?

Im nächsten Blogpost werden wir zeigen, was genau Automobilhersteller tun können, um den Kundenerwartungen in jeder Phase der Customer Journey gerecht zu werden und wie ein Nachhaltigkeitsfahrplan aussehen kann.

Vielen Dank an die Co-Autoren Katharina Schuback, Maximilian Werner, Maren Kibele und Charlotte Hufnagel.

[1] Als „Customer Journey” wurden folgende fünf Phasen betrachtet: “Awareness”, “Search & inform”, “Compare & test”, “Select & purchase” sowie “Get & use” („Bekanntheitsgrad“, „Suchen & Informieren“, „Vergleichen & Testen“, „Auswählen & Kaufen“ sowie „Übernehmen & Nutzen“).

[2] Pro Phase wurden zwei Kriterien definiert, um die Vergabe einer Punktzahl von bis zu zwei mal 5 Punkten pro Phase zu ermöglichen. Die Punktzahlen wurden auf Basis einer Kombination aus Recherche (Nachhaltigkeitsberichte, Webseiten, App-Angebote, Social Media, Produktangebot 2020, Verkaufszahlen 2019) und Mystery Shopping bei ausgewählten Händlern aller fünf Marken ermittelt. Details sind in unserer für Januar 2021 zur Veröffentlichung geplanten Studie zu finden.

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Autor

Siegfried Adam

Meine Leidenschaft gilt der nachhaltigen Mobilität – ich helfe Unternehmen aus verschiedenen Branchen, diese Vision in die Realität umzusetzen. Als Director in der Brand & Experience Unit von Capgemini Invent unterstütze ich Firmen dabei, ihre Markenambitionen Realität werden zu lassen, indem sie digitale Technologien nutzen und ihre Kund*innen in den Mittelpunkt von Geschäftsentscheidungen stellen.