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Von Silos einzelner Initiativen zur AI Service Unit – Skalierung von Analytics & Automation Lösungen

Dr. Katja Tiefenbacher
15. Okt. 2020
capgemini-invent

Milliarden von Euro fließen jedes Jahr in AI-Initiativen. Immer mehr Unternehmen aus verschiedenen Sektoren haben Initiativen gestartet, um mit Robotics Process Automation (RPA) und Prozess-Mining ihre Arbeitseffizienz zu erhöhen oder mithilfe analytischer Modelle Daten zu monetarisieren und Gewinne zu optimieren.

Viele dieser Unternehmen haben bereits eine Automation Factory oder ein dezidiertes Analytics-Kompetenzzentrum aufgebaut und stehen nun vor der Herausforderung ihre Pilotprojekte zu skalieren.

AI Initiativen werden häufig in Silos umgesetzt

Unternehmen, die sich der Herausforderung der Digitalisierung stellen, haben begonnen eine Bandbreite an individuelle AI Anwendungsfälle in verschiedenen AI-Initiativen umzusetzen. Diese werden in unterschiedlichen Bereichen, Abteilungen oder in einzelnen Teams realisiert. Oft mangelt es jedoch an Kollaboration und Kommunikation zwischen diesen Initiativen, da Lösungen wie Robotics Process Automation (RPA), Prozess-Mining oder die Entwicklung analytischer Modelle in separaten Kompetenzzentren vorangetrieben werden.

Aus der Praxis lassen sich dadurch Abstimmungslücken beobachten: Team AI arbeitet beispielsweise an einem Predictive Maintenance Anwendungsfall, um die Genauigkeit der Vorhersagen bzgl. Ausfallwahrscheinlichkeiten bestimmter Maschinen zu erhöhen. Team Automation optimiert gleichzeitig die Speicherung der Gerätedaten mit einem RPA-Piloten. Beiden Teams ist jedoch die jeweils andere Initiative nicht bekannt. Derartige Abstimmungslücken sind nicht selten der Fall und häufig fehlt ein Rahmen, der diese Initiativen zu einem Gesamtbild zusammenführt.

Die Service Unit bricht Silos auf, um gesamthaften Nutzen zu schaffen

Der Aufbau einer AI Service Unit schafft hier Abhilfe. Sie dient dazu AI-Initiativen mit verschiedenen Schwerpunkten (Automation, Process-Mining, Analytics etc.) innerhalb eines Unternehmens zu bündeln. Die AI Service Unit definiert dabei die strategische Ausrichtung und schafft eine Plattform, um AI zielgerichtet und mit maximalem Nutzen einzusetzen. Durch diese Bündelung können einerseits Prozesse datenbasiert unterstützt, mit Analytics erweitert oder darüber hinaus neugestaltet werden. Andererseits helfen automatisierte Prozesse dabei, eine bessere Datengrundlage für Analytics zu liefern, indem bspw. eine bessere Datenqualität durch maschinelles Erfassen der Daten erreicht oder ein Großteil menschlicher Fehler vermieden werden kann.

Die Service Unit arbeitet auf konkrete Ziele einer Digitalisierungsstrategie hin

Das Modell der AI Service Unit stellt die konsequente Weiterentwicklung aller Analytics- und Automation-Initiativen dar. Sie versteht sich als zentrales Element für die Implementierung und Skalierung von AI und wird damit zum Dreh- und Angelpunkt aller Überlegungen zur Erweiterung der digitalen Kompetenzen im Unternehmen. Ziel ist die Verschmelzung von Organisation, Daten und Prozessen durch befähigte, cross-funktionale Teams sowie einem zentralen Technologie Management. Hierdurch sollen Process Excellence und die Generierung von Mehrwert aus Daten erreicht und strategische Ziele realisiert werden:

  • Umsatzsteigerung durch Datenmonetarisierung
  • Kostensenkung durch Operational Excellence
  • Kundenbindung durch Optimierung der Customer Journey
  • Digitalisierung der Arbeitsumgebung und Befähigung der Mitarbeiter
AI-Service-Unit-Capgemini-Invent
Abbildung 1: AI Service Uni, Capgemini Invent

Prozesse und Daten sind die grundlegenden Ressourcen, welche gemeinsam das Fundament aller AI-Initiativen bilden. Durch die Zusammenführung beider Kompetenzen in eine AI Service Unit wird es ermöglicht, Synergien zu erzeugen und AI-Anwendungsfälle effizienter zu entwickeln.

Für die Organisation der AI Service Unit wird ein umfängliches Operating Model unter Berücksichtigung bereits vorhandener Kompetenzen und Strukturen integriert. Beispielsweise tragen die Optimierung von Produktlebenszyklen sowie die Etablierung agiler Arbeitsmethoden, wie Sprints und cross-funktionale Teams, dazu bei, eine flexible Ausrichtung zu schaffen. Hierdurch soll schnell auf sich verändernde Anforderungen reagiert und zielgerichtet priorisiert werden. Darüber hinaus verstärkt die zentrale Orchestrierung vielfältiger Analytics- und Automatisierungs-Technologien die Synergien der Kompetenzen. Unter anderem erleichtert es auch die Implementierung übergreifender Konzepte wie einem vollwertigen Sicherheitskonzept, das entlang der Wertschöpfungskette und über mehrere Domänen hinweg Datenschutz gewährleistet.

Das AI Service Team der Zukunft

Die grundlegende Auslegung der AI Service Unit setzt den Fokus nicht auf einzelne Anwendungsfälle je nach Themenbereich, sondern auf Value Driver, sprich Daten und Prozesse, sowie einen gesamthaften Technologieansatz.

Wo bisher einzelne, hoch spezialisierte Teams je Technologie die Fachbereiche unabhängig voneinander betreut haben, um individuelle Anwendungsfälle zu identifizieren, schafft die AI Service Unit cross-funktionale Teams. Diese Teams kümmern sich um die ganzheitliche Optimierung von End-to-End Prozessen sowie die Nutzung und Monetarisierung von Daten. Hierbei soll die ganze Bandbreite an verfügbaren Technologien und Optimierungswerkzeugen in Betracht gezogen werden und Lösungen über die einzelnen Funktionsbereiche hinweg realisiert werden.

Ein Beispiel für ein cross-funktionales Team ist ein Team das für Anwendungsfälle im gesamten Bereich Purchase-to-Pay und der dazugehörigen Datendomäne, wie etwa Kunden-, Produkt- und Abrechnungsdaten, zuständig ist. Hier werden sämtliche Fachbereiche, die entlang des Purchase-to-Pay Prozess eingebunden sind, durch dieses Team betreut.

In einem solchen Setup sind Prozess- und Daten-Experten dauerhaft zu einem relevanten Teil in dieses cross-funktionale Team integriert. Es kann hierbei durchaus zu Abhängigkeiten zwischen mehreren Teams kommen, gerade wenn auf allgemeine Strukturen und Ressourcen zurückgegriffen wird. Aus strategischer Sicht ist es dennoch effektiver, Anforderungen in einem Gesamtkontext zu priorisieren und zu lösen, um End-to-End Prozesse und die Nutzung von Daten zu optimieren.

Orchestrierung verschiedener AI-Technologien

Ein wichtiger Aspekt der AI Service Unit ist, dass nach und nach nicht nur die Kompetenzen und Methoden, sondern auch die Koordination sämtlicher relevanter Technologien in die AI Service Unit integriert wird. Das Ziel der AI Service Unit ist es digitale Services anzubieten und einen zentralen Hub für sämtliche Lösungen wie etwa Analytics, Process-Mining oder Automation zu bilden. Durch die Bündelung von Kompetenzen und zentral gehosteten Plattformen können somit individuelle Lösungen umgesetzt oder `as a Service´ – `Process Mining as a Service´ oder `Analytics as a Service´ – angeboten werden. Eine cross-funktionale AI Service Unit hat direkten Zugriff auf die Technologie sowie entsprechende Experten, die entweder direkt im Team angesiedelt oder über einen `Shared Resource Pool´ in der Service Unit organisiert sind. Mögliche digitale Lösungsansätze sollen hier immer gegeneinander abgewogen werden. Kurze Wege und eine aktive Community of Practice treiben zudem den Austausch und damit die Weiterentwicklung der Kompetenzen im Umgang mit AI Technologien voran.

Der Fünf-Schritte Ansatz zum erfolgreichen Setup der AI Service Unit

Zum Aufbau einer AI Service Unit, und damit dem Grundstein für die Skalierung von AI-Initiativen, hat sich bei Unternehmen ein Fünf-Schritte Ansatz etabliert, der durch die Unterstützung von digitalen Experten zum Erfolg führt:

  1. Definition einer AI-Vision und Identifizierung bereits laufender sowie weiterer möglicher Analytics- und Automation-Anwendungsfälle
  2. Analyse des Reifegrads der organisatorischen, methodischen und technologischen Kompetenzen im Unternehmen
  3. Skizzierung der AI Service Unit als Organisationseinheit und Definition des Dienstleistungsportfolios gegenüber internen Kunden
  4. Definition und Implementierung des Operating Models sowie Aufbau der erforderlichen Kompetenzen für die Realisierung der AI-Vision
  5. Umsetzung und Skalierung von Anwendungsfällen durch die AI Service Unit

Beim Aufbau einer AI Service Unit sollte hoher Wert auf ein Stakeholder-differenziertes Management gelegt werden. Die kurzfristige Realisierung von Quick-Wins durch greifbare AI Lösungen zeigt, dass die Initiative funktioniert und stellt somit die Unterstützung der Mitarbeiter sicher. Darüber hinaus zielt der Ansatz ebenso darauf ab, den Grundstein für eine Kulturveränderung hin zu agilen Arbeitsweisen zu legen, um einen nachhaltigen Aufbau eigener Kompetenzen zu ermöglichen. Der Aufbau der AI Service Unit wird idealerweise durch Change-Management-Maßnahmen begleitet, um die organisatorische Verankerung der Unit zu gewährleisten.

Zwei konkrete Beispiele unserer Kunden ZF Friedrichshafen sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geben Ihnen weitere Einblicke in unsere Projekte.

Vielen Dank an die Co-Autoren Robert Frank, Christian Komp, und Hongbin Xiang.

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Autorin

Dr. Katja Tiefenbacher

Senior Director | Head of Data Strategy & AI Operating Models, Capgemini Invent
Dr. Katja Tiefenbacher ist Direktorin bei Capgemini Invent und Leiterin des Teams Data Strategy und AI Operating Models. Seit über 13 Jahren berät sie Kunden branchenübergreifend in den Sektoren Automotive, Public, Retail und Financial Services. Zu ihren Themenschwerpunkten zählen die Erarbeitung von Datenstrategien von der Definition bis zur Umsetzung, das Design von Informationsarchitekturen sowie die Etablierung von Data-Governance-Strukturen und Analytics-Betriebsmodellen.