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Auto-Supply-Chain: Erfolgreich durch Krisen mit Resilienz

Dr. Andreas Ebner
28.02.2024
capgemini-invent

In der heutigen hochvernetzten Automobilbranche stehen Supply Chains vor einem wahren Härtetest. Naturkatastrophen, Kriege und die Verletzung von Supply Chain Nachhaltigkeitsregularien verdeutlichen die Anfälligkeit dieses globalen Geflechts. Ein Lieferantenausfall am anderen Ende der Welt kann wie eine Lawine die gesamte Supply Chain mit sich reißen. Der Wettbewerbsvorteil in einem solch kompetitiven Umfeld liegt in einer resilienten Supply Chain. Wer die notwendigen Fähigkeiten und Strategien für eine resiliente Supply Chain versteht, stellt auch in herausfordernden Situationen die Handlungsfähigkeit der Supply Chain sicher.

In unserem ersten Artikel haben wir die Relevanz von Transparenz und Robustheit beleuchtet. Im zweiten Teil unserer Serie zeigen wir, mit welche konkreten Lösungen Supply Chains gestärkt und für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet werden. Dabei stehen zwei fundamentale Fähigkeiten einer resilienten Supply Chain im Fokus: Agilität und Kollaboration.

Eine agile Supply Chain verfügt im Krisenfall über einen Plan B

Eine agile Supply Chain reagiert dynamisch auf sich verändernde Anforderungen, indem sie Flexibilität in Bezug auf Lieferanten, Transportwege und Prozesse bietet. Dieser Ansatz ermöglicht es OEMs, sich in einem ständig disruptiven Geschäftsumfeld anzupassen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Ein entscheidendes Werkzeug für die Schaffung einer agilen Supply Chain ist der “digitale Supply Chain Zwilling”. Als eine virtuelle Replikation der gesamten Supply Chain umfasst der digitale Zwilling nicht nur physische Elemente wie Lagerbestände und Transportrouten, sondern auch Informationen zu Lieferanten, Nachfrageprognosen, Lagerbeständen und Produktionsplänen. Ergänzt werden diese Informationen um den Risk Exposure Index, der potenzielle Risiken an und zwischen Knotenpunkten in den Supply Chain quantifiziert. Durch die Einbettung des Risk Exposure Index in den digitalen Supply Chain Zwilling können Unternehmen den Eintritt verschiedener Risiken modellieren und so schnelle sowie effektive Maßnahmen treffen. Die damit verbundene Reduzierung von Sondertransporten oder das Vermeiden von energieintensiven Flügen spart neben Supply Chain Kosten auch CO2-Emissionen und zahlt auf eine nachhaltige Lieferkette ein.

Auch ein KI-unterstütztes Lagerbestandsmanagement statt dem Vorhalten hoher Sicherheitsvorräte zahlt auf eine agile Supply Chain ein. Präventiv gewährleistet die Entkopplung von Beständen die kontinuierliche Aufrechterhaltung der Supply Chain Operations. Um angemessene Lagerbestände festzulegen, ist eine gründliche Bestandsanalyse der gesamten Supply Chain unabdingbar. Diese Analyse ermöglicht, datengestützte Entscheidungen zur Gewährleistung eines definierten Servicelevels zu treffen und gleichzeitig die Kosten zu minimieren.

Im Falle einer Krise bietet eine auf generative KI gestützte Szenario-Planung einen entscheidenden Vorteil, schnell und effektiv Gegenmaßnahmen zu finden. Einkäufer:innen interagieren direkt mit einem Chatbot, um durch das Anpassen der Parameter verschiedene Lösungsansätze zu simulieren. Darüber werden eigene kreative Lösungsansätze der Einkäufer:innen per Chatfunktion mit der generativen KI diskutiert und anschließend mittels KI evaluiert.

Kollaboration als Schlüssel: Wer resilient sein will, generiert Einblicke gemeinsam

Wenn wir über die Resilienz in der Supply Chain sprechen, sind Kollaborationsplattformen ein wesentlicher Erfolgshebel. Das Teilen von Informationen zu Angebot und Nachfrage von Anfang bis Ende sowie die Pflege von Beziehungen zu Lieferanten, Kunden und ausgewählten relevanten Partnern entlang der Supply Chain ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine widerstandsfähige Supply Chain in der Automobilbranche.

Viele Unternehmen nutzen weiterhin den Daten- und Informationsaustausch über E-Mail oder Telefon und verbleiben bei unstrukturiertem Datensammeln, manueller Erstellung von Angebots- und Nachfrageszenarien sowie schrittweiser Planung und Entscheidungsfindung. Um jedoch den Herausforderungen von heute und morgen in einer risikoreichen Umgebung gerecht zu werden, wird derselbe Datenstand durch Echtzeitverbindungen, Vertrauen in die gemeinsame Nutzung wichtiger Informationen und Kommunikation auf allen Ebenen der Supply Chain benötigt.

Eine Kollaborationsplattform ermöglicht den Echtzeitdatenaustausch von bspw. Kapazitäts- und Nachfragedaten entlang der gesamten Supply Chain. Eine Beschleunigung des Informationsaustausches mit den Lieferanten und Stakeholdern ermöglichen GenAI-basierte Chatbots. Auf diese Weise können Anfragen an Lieferanten automatisiert und ausgewertet werden. Der Datenaustausch wird durch kollaborative, datengesteuerte Planung ergänzt. Eine Zusammenarbeitsplattform ermöglicht, Lieferengpässe in Echtzeit zu identifizieren, Potenziale zur Kostensenkung zu identifizieren und den Zugang zu Zweitlieferanten zu vereinfachen. Gleichzeitig werden Lieferanten motiviert, ihre Umsatzprognosen zu verbessern, die Auslastung der Produktion zu optimieren und Lagerbestände zu reduzieren. Der Zugang zu der Kollaborationsplattform sollte an das Teilen von nachhaltigkeitsbezogenen Informationen durch die Lieferanten gebunden sein. Somit werden die zahlreichen Vorteile für die Lieferanten an die Erfüllung nachhaltigkeitsbezogener Kennzahlen gekoppelt. Für den OEM ist insbesondere die mit hohen Nachhaltigkeitsstandards verbundene Transparenz in den Operations vorteilhaft, um Risiken frühzeitig zu erkennen.

Im Einklang gegen Gegenwind: Agilität und Kollaboration stärken die Supply Chain in der Krise

Die Resilienz einer Supply Chain im Krisenfall wird entscheidend durch Agilität und Kollaboration geprägt. Eine agile Supply Chain, unterstützt durch den digitalen Supply Chain Zwilling, ermöglicht es Unternehmen, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu wahren. Die Zusammenarbeit mittels Kollaborations-Plattformen ermöglicht den Austausch von Echtzeitdaten entlang der gesamten Supply Chain, um Lieferengpässen und Kostensenkungspotenziale zu identifizieren sowie die nachhaltigen Beziehungen zu Lieferanten und Kunden zu fördern. Agilität und Kollaboration in der Supply Chain ermöglicht eine proaktive Reaktion auf Herausforderungen, um so die Supply Chain resilienter zu gestalten.

Vielen Dank an den Co-Autor Dr. Henrik Bathke.

Unser Experte

Dr. Andreas Ebner

Senior Manager | Intelligent Industry (Supply Chain Transformation), Capgemini Invent Germany
Als Senior Manager im Bereich Intelligent Industry – Supply Chain bringe ich über ein Jahrzehnt Beratungserfahrung in verschiedenen Industrien mit. Mein Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der Logistik. Weitere Schwerpunkte meiner Arbeit und meines Teams liegen im Bereich der Netzwerk- und Transportkostenoptimierung sowie des Risk-Managements zur Steigerung der Supply Chain Resilienz.

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