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Woran das Industrial Metaverse nicht scheitern sollte

Daniel Lichtwald
22. Apr. 2024

Roland Busch, CEO von Siemens, sprach in seiner Keynote während der CES in Las Vegas sehr lange über das Industrial Metaverse. Es werde zu enormen Veränderungen führen, das Innovationstempo stark steigern und den Ressourcenverbrauch bei der Herstellung von Produkten deutlich senken.

Diese attraktiven Aussichten wollen Unternehmen nutzen und deshalb arbeiten bereits verschiedene große Konzerne an Projekten im Zusammenhang mit dem Industrial Metaverse. Dennoch ist sein Erfolg meiner Meinung nach noch nicht ausgemacht.

Realistische Simulationen physischer Prozesse

Für das Industrial Metaverse gibt es verschiedene Definitionen. Im Kern ist es eine Plattform, auf der reale Werkstücke und Prozesse digital gespiegelt und simuliert werden. Dadurch entsteht eine immersive und kollaborative Umgebung, in der Menschen in Echtzeit interagieren können. Die Schnittstelle zwischen der physischen und digitalen Welt schaffen Technologien wie digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz, Augmented Reality, Blockchain, Cloud und Edge Computing. Im Industrial Metaverse können zum Beispiel Produkte, Anlagen und Maschinen entwickelt und unter realen Bedingungen getestet werden. Real heißt beispielsweise, dass ein Werkstück, das in der Simulation zu Boden fällt, in der Simulation auch zerbricht.

Unter solchen Bedingungen zusammenzuarbeiten bietet viele Vorteile: Zum einen kann man Produktionsabläufe oder sogar den Bau von Fabriken vorab simulieren und Schwachstellen erkennen. Zum anderen können Menschen aus der ganzen Welt in Echtzeit gemeinsam an einem Bauteil, einer Maschine oder einem Produktionsprozess arbeiten, ohne ihr Büro zu verlassen. Das Industrial Metaverse ist außerdem sehr nützlich für Schulungen, zur Unterstützung von Mitarbeitenden bei verschiedenen Aufgaben, das Training von Robotern, virtuelle Inbetriebnahmen oder die Qualitätssicherung. Diese Liste ist nicht abschließend und wird permanent länger.

Daten sind der Dreh- und Angelpunkt

Aufgrund all dieser Vorteile beschäftigen sich auch bereits viele Produzenten mit dem Industrial Metaverse und zeigen beeindruckende Anwendungen. Dafür müssen sie Herausforderungen wie enorme Hardware-Kosten und die schwierige Prozessintegration meistern. Auf dem Weg zum flächendeckenden Einsatz ist eine Hürde allerdings besonders hoch: Wer mit Zulieferern zusammenarbeitet (und das tun alle Produzenten), benötigt viele Daten von seinen Partnern, damit die Simulationen funktionieren. Von der Schraube über das Regalbrett bis zum Roboterarm sind digitale Zwillinge aller Komponenten erforderlich, die nicht nur die Maße und Materialeigenschaften beinhalten, sondern auch Informationen über ihr Verhalten sowie eventuell Algorithmen und Services.

Digitale Zwillinge zu erstellen ist allerdings aufwendig und teuer. Und im Gegensatz zu den ganz großen Playern im Industrial Metaverse sind viele Zulieferer nicht mit der Materie vertraut und haben in diesem Bereich auch noch keine Kapazitäten aufgebaut. Deshalb könnten Industrial-Metaverse-Projekte ins Stocken geraten, wenn viele Informationen fehlen.

Start-ups könnten Lücken schließen

In der jüngsten Vergangenheit wurde eine ganze Reihe von Start-ups gegründet, die sich auf die Erstellung von Digital Twins spezialisiert haben. Sie könnten mit ihrem Ideenreichtum und ihrer Agilität dafür sorgen, dass die Erstellung digitaler Zwillinge einfacher wird, schneller geht und am Ende eventuell auch kostengünstiger ausfällt. So könnten sie die Lücke zwischen Herstellern und Zulieferern schließen. Gebremst wird der Prozess allerdings, weil sich die Branche noch nicht auf Standards geeinigt hat. Dementsprechend gibt es Probleme wegen der Inkompatibilität von 3-D-Tools und Daten. Ob am Ende ein Standard definiert werden wird, wie beispielsweise OpenUSD, oder sich die Formate einzelner Anbieter als Standards durchsetzen werden, ist schwer vorauszusagen.

Die Technologien rund um das Industrial Metaverse haben sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt. Damit der Fortschritt nicht ins Stocken gerät, müssen Hersteller und Zulieferer jetzt intensiv an der Erstellung digitaler Zwillinge arbeiten. Denn das Industrial Metaverse wird aufgrund der vielen Vorteile ohne Zweifel die zukünftige Arbeitsumgebung der Industrie werden.

Kommen Sie auf die Hannover Messe an unseren Stand F 52 in Halle 15 und erleben Sie, welche Möglichkeiten das Industrial Metaverse Ihnen bietet. 

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Autor

Daniel Lichtwald

Innovation Manager und Metaverse Experte, Capgemini Deutschland | Applied Innovation Exchange
In seiner Rolle leitet und entwickelt Daniel die immersiven Kundenerlebnisse von Morgen. Er entwickelt strategische Visionen und brennt für Trends, digitale Lösungen und kombiniert Design mit technologischen Best Practices, um den sich ständig weiterentwickelnden neuen Normalzustand bei Kundenstrategien zu lösen. Darüber hinaus ist Daniel Botschafter für Web 3, Blockchain und NFT innerhalb und außerhalb von Capgemini.