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Inventive FRC – Basel IV: Welchen Einfluss haben die PD-/LGD-Input-Floors auf RWA?

Capgemini Invent
23. Juli 2020
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Capgemini Invent adressiert die CxO Daten-Strategie und unterstützt seine Kunden bei der datengetriebenen Wertschöpfung.

Mit Inventive Finance, Risk & Compliance (Inventive FRC) meistern wir die Herausforderungen der Finanz-, Risiko- und Compliance-Funktion im Finanz-Sektor. Dieser Blog-Artikel fokussiert auf Credit Risk.

Hintergrund

Die abschließende Stufe des Basel-III-Rahmenwerks („Basel IV“) schlägt eine Reihe von Reformen vor, die die Banken widerstandsfähiger machen und die Konsistenz und Vergleichbarkeit der Berechnung der risikogewichteten Aktiva (RWA) zwischen den Banken verbessern sollen. Vor dem Hintergrund der früheren globalen Finanzkrise sah es der Regulator als seine zentrale Aufgabe an, ein neues Rahmenwerk zu schaffen, das die Glaubwürdigkeit erhöht und die Risiken innerhalb des internationalen Bankensystems mindert.

In diesem Beitrag werden die neuen „Input-Floors“ von Basel IV für die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD-Input-Floors) sowie für die Verlustquote bei Ausfall (LGD-Input-Floors) in IRBA-Modellen näher betrachtet. Dabei handelt es sich um Schlüsseldimensionen, die verwendet werden, um übermäßige RWA-Variabilität, die sich aus der Anwendung von IRB-Ansätzen durch die Banken ergibt, zu begrenzen.

Was sind die Input-Floors, warum werden sie eingesetzt?

Die Idee der Input-Floors basiert auf der Art der in den Modellen verwendeten historischen statistischen Daten. Je niedriger ein Parameterwert ist, z.B. bei einer Ausfallwahrscheinlichkeit von sehr niedrigen 0,03 %, desto größer ist die Anzahl der Beobachtungen, die eine Bank benötigt, um diesen Parameter statistisch zu modellieren und validieren.  Wenn die Anzahl der Beobachtungen zu gering ist, bedeutet es, dass ein signifikantes Risiko besteht, in dem die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der damit verbundenen Risiken für die Bank unterschätzt wird.

Genau in ihren Ursachenanalysen für die Finanzkrise stellten die Aufsichtsbehörden fest, dass die Banken in der Praxis nicht immer genügend historische Ausfallbeobachtungen haben. Unter den zahlreichen Aspekten des Gesamtrahmens von Basel III sind die Aufsichtsbehörden der Ansicht, dass die Untergrenzen (Input-Floors) ein wichtiger Aspekt sind, um die Robustheit und Risikosensitivität der IRBA-Modelle, die in RWA-Berechnungen verwendet werden, zu erhöhen. Das Basel-IV-Rahmenwerk schlägt daher eine Erhöhung der Ausgangsbasis für die Risikokomponenten PD und LGD vor.

Was ändert sich und was ist die Auswirkung?

Der Basel-IV-Rahmenwerk legt die PD-Input-Floor für Forderungsklassen weitgehend auf 5 Basispunkte (0,05 %) fest. Dies ist eine Erhöhung gegenüber dem im Basel II-Rahmenwerk festgelegten Input-Floor von 3 Basispunkten (0,03 %). Die LGD-Input-Floors werden für den unbesicherten Teil eines Kreditengagements zwischen 25 % und 50 % und für den besicherten Teil des Kreditengagements auf Werte zwischen 0 % und 15 % festgelegt.

Einfluss von PD-Input-Floors

Um die erwarteten Auswirkungen der Basel-IV-Reformen abzuschätzen, führte die EBA eine Umfrage unter den führenden europäischen Finanzinstituten durch. In Bezug auf die Auswirkungen der PD-Input-Floors ergab die Studie, dass die größten Auswirkungen auf die RWA bei Unternehmenskrediten auftreten werden, insbesondere bei Krediten an Finanzinstitute und große Firmenkunden (Abbildung 1). Dies mag auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheinen, da diese Risiken im Rahmen von Basel II als gering eingestuft wurden. Angesichts der geringen Stichprobengröße der historischen Daten hinter jeder dieser Forderungsklassen und in Verbindung mit hoher Exposure-Allokation scheint dieses Ergebnis jedoch plausibel und mit den von den Regulierungsbehörden vorgeschlagenen Reformen in Einklang zu stehen.

abbildung-1-IRBA-RWA
Abbildung 1: Prozentuale Änderung der IRBA-RWA pro Forderungsklasse ohne PD-Input Floor (relativ zur gesamten aktuellen IRBA-RWA)

Hinweise: Basierend auf einer Stichprobe von 48 Banken
Quellen: EBA 2018-Q2 QIS-Daten und EBA-Berechnungen

Einfluss von LGD-Input-Floors

In derselben Studie deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die LGD-Input-Floors für IRBA-Positionen von noch wesentlicherer Bedeutung sein werden. Insbesondere die Auswirkungen der vorgeschlagenen LGD-Input-Floors auf die RWA sind bei Forderungen an Spezialkreditinstitute, mittelständische Unternehmen, kleine und mittlere Unternehmen und die meisten Kategorien von Retailkrediten spürbar (Abbildung. 2). Da der LGD-Modellierung erfahrungsgemäß im Allgemeinen eine schlechtere Datenqualität zugrunde liegt als bei der PD-Modellierung, erscheint die allgemein höhere Auswirkung von LGD-Input-Floors auf das RWA-Ergebnis plausibel.

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Abbildung 2: Prozentuale Änderung der IRBA-RWA pro Forderungsklasse ohne LGD-Input Floor (relativ zur aktuellen IRBA-RWA der Forderungsklasse)

Hinweise: Basierend auf einer Stichprobe von 48 Banken. Die aktuellen A-IRB-Positionen gegenüber Banken, Finanzinstituten, die wie Unternehmen behandelt werden, und Großunternehmen unterliegen dem F-IRB-Ansatz nach dem überarbeiteten Rahmenwerk; daher ergibt sich für diese Portfolios aufgrund der LGD-Input-Untergrenzen kein Unterschied in den Auswirkungen. Spezialisierte Kreditengagements im Rahmen des Slotting unterliegen nicht den PD/LGD-Parametern
Quellen: EBA 2018-Q2 QIS-Daten und EBA-Berechnungen

Résumé

Die EBA-Studie hat gezeigt, dass die IRBA-Input-Floors für PD und LGD einen wesentlichen Einfluss auf die RWA haben werden. Die teilnehmenden Banken haben aufgrund der PD- und LGD-Input-Floors eindeutig auf erhöhte RWA-Werte hingewiesen. Diesbezüglich scheint es, dass die Regulierungsbehörden ihr Ziel, die RWA-Ergebnisse zu erhöhen, zunächst allgemein erreicht haben.

Diese Situation kann die Banken jedoch dazu veranlassen, den Einfluss der Regulierung durch eine Umschichtung ihrer Portfolios zu begrenzen. Zum Beispiel könnte der erwartete Anstieg der Input-Floors die Risiken unter den Banken potenziell erhöhen, wenn sie sich entscheiden, größere Risiken für bessere Renditen, aber ähnliche Kapitalanforderungen aufgrund der Input-Floors in die Bücher aufzunehmen.

Letztendlich werden wir alle die Entscheidungen der einzelnen Banken sehen, wenn Basel IV am 1. Januar 2022 in Kraft tritt. Aber schon jetzt können wir die Finanzinstitute dabei unterstützen, eine strategische Entscheidung über die partielle Anwendung von KSA/IRBA zu treffen, interne Modelle neu zu entwickeln, die Frühwarnsysteme zu verbessern und die Trennungskraft und das Ergebnis der RWA durch Portfolioumschichtung zu optimieren.

Vielen Dank an den Co-Autoren Christopher Beck.

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