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Inventive FRC – Credit Risk: COVID 19 und Implementierung regulatorischer Anforderungen

Capgemini Invent
06. Aug. 2020
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Capgemini Invent adressiert die CxO Daten-Strategie und unterstützt seine Kunden bei der datengetriebenen Wertschöpfung.

Mit Inventive Finance, Risk & Compliance (Inventive FRC) meistern wir die Herausforderungen der Finanz-, Risiko- und Compliance-Funktion im Finanz-Sektor. Dieser Blog-Artikel fokussiert auf Credit Risk.

Hintergrund

In wenigen Monaten hat die COVID-19 Pandemie die weltweite wirtschaftliche Situation dramatisch verändert. Selbst die größten und erfolgreichsten Konzerne mussten Produktionsstopp und Kurzarbeit ankündigen sowie Liquiditätsengpässe befürchten. Die Kreditrisiken sind demnach angestiegen, was sich in höheren Kapitalanforderungen für die Kreditinstitute widerspiegelt. Der Bearbeitungsaufwand der Kreditinstitute für Kredite mit signifikanter Bonitätsverschlechterung hat sich nach unserer Einschätzung verdreifacht. Diese Situation hat die Einführung von Basel IV mit seinen strengeren Kapitalanforderungen zum Januar 2022 in Frage gestellt. Die Corona-Pandemie war hierfür nach unserer Auffassung nicht die einzige Ursache.

Verschobene Einführung regulatorischer Anforderungen

In der historischen Perspektive gab es schon Terminverschiebungen für die Implementierung regulatorischer Kapitalanforderungen, darunter auch die des Basler Ausschusses. Die zunächst für 2007 geplante Einführung des Basel II-Rahmenwerks wurde in Europa rechtzeitig umgesetzt, während in den USA zuerst eine Verschiebung um zwei Jahre und später weitere Verzögerungen beschlossen wurden. Grund dafür war die finanzwirtschaftliche Situation verbunden mit der Hypothekenkrise. Auch in Europa gab es Verschiebungen: die TRIM-Prüfungen (Targeted Review of Internal Models) der EZB konnten nicht wie geplant in 2019 abgeschlossen werden und in die regulatorischen Anforderungen münden, sodass einiges noch im laufenden Jahr erledigt werden musste.1

Die vorläufigen Ergebnisse europäischer Studien von EZB und EBA (European Banking Authority)2 gaben erste Anzeichen, dass die europäischen Banken noch nicht auf die Einführung von Basel IV vorbereitet sind: Sowohl auf der Eigenkapitalseite – wo 135 Mrd. Euro fehlen – als auch auf der technischen Ebene – wo die implementierten internen Prozesse und vorhandene Know-Hows es kaum in einer kurzen Zeit ermöglichen. Die hochverschuldeten Zombie-Firmen, die reichlich in europäischen Büchern auftreten und stark von der Wirtschaftslage abhängig sind, verschärfen das Problem. Die Aufseher wurden in ständiger Kommunikation der Banken darauf aufmerksam gemacht, sodass eine Verschiebung des regulatorischen Rahmenwerks beschlossen wurde. Einige Anforderungen, wie etwa RWA-Output-Floors, werden erst zum Januar 2028 endgültig umgesetzt:

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Tabelle 1: Verschiebung der Implementierung von Basel IV, Quelle: BIS, März 2020

Ein europaweiter EBA Stresstest wird in 2021 kommen. Die beschlossenen Verschiebungen sollten europäischen Banken mehr Zeit geben, um die neuen strengen Kapitalregeln umzusetzen und den Finanzsektor von einigen organisatorischen und administrativen Aufgaben entlasten – mit dem Ziel, die Wirtschaft weiterhin mit der Liquidität ausreichend zu versorgen. Dieses Ziel wird durch die verschobenen Termine allein nicht erreicht; jetzt sind die Banken am Zug.

Unsere Empfehlung an Banken

Durch die mehrjährige Implementierungserfahrung konnten wir folgende Erfolgsfaktoren für die Implementierung regulatorischer Anforderungen identifizieren:

  1. Innovative Risikosteuerung
    Die Nutzung von alternativen öffentlich verfügbaren Datenquellen wie Social Media, Nachrichtenagenturen und Industrieblogs kann aktuelle Informationen zu den krisenbetroffenen Unternehmen (insb. Zombie-Firmen) liefern und hilft deren Ausfallrisiko besser einzuschätzen, um zeitgemäße Maßnahmen einzuleiten.
  2. Automatisierte regulatorische Compliance-Prüfung
    Bei der Umsetzung von Basel IV Anforderungen soll zunächst basierend auf einer umfassenden Kosten-Nutzen-Analyse die strategische Entscheidung über die partielle Anwendung von KSA/IRBA ausgearbeitet werden. Darauf aufbauend, sollen interne Risikomodelle angepasst bzw. neu entwickelt und die Frühwarnsysteme verbessert werden. Die sich ändernden Rahmenbedingungen können die Entscheidung im Zeitablauf beeinflussen, wobei Prozessautomatisierung eine zügige Anpassung ermöglichen soll.
  3. Kommunikation mit dem Regulator
    Die Erkenntnisse aus der Umsetzung regulatorischer Anforderungen zeigen, dass das oberste Ziel des Aufsehers die Finanzstabilität ist und nicht die Umsetzung seiner Anforderungen um jeden Preis. Daher sollen Banken den Regulator über neue Hürden unverzüglich informieren, um adäquate Reaktion zu gewährleisten.

Wir bei Capgemini Invent haben eine langjährige Expertise sowohl bei der Projektplanung und Umsetzung, bei Entwicklung und Implementierung von Risikomodellen als auch bei der Kommunikation mit dem Regulator. Bei Fragen können Sie sich gerne mit unserem Experten Grigori Tymenchko in Kontakt treten.

1) Quelle: TRIM-Prüfungen

2) Quelle: EBA Studie

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