Zum Inhalt gehen
Automotive Supplier Hub_Web
Intelligent industry

Software-gesteuerte Fabrik in Echtzeit: Der harte Weg in die Zukunft

06/23

Industrie 4.0 ist inzwischen zehn Jahre alt. Leuchtturmprojekte für die software-getrieben Fabrik wurden jede Menge auf den Weg gebracht. Der Durchbruch fehlt weitgehend. Die Gründe: Die ambitionierten Projekte ließen sich nicht unternehmensweit etablieren. Und: Neue vernetzte Systeme sind nicht immer echtzeitfähig und (cyber-)sicher genug. Das soll sich ändern, nicht zuletzt mithilfe eines End-to-End-Ansatzes von Capgemini.

Roboter einsetzen, die weitgehend selbständig Aufgaben lernen und übernehmen, Clouddienste, die in Produktionssystemen, Planung, Design und Entwicklung zum Einsatz kommen bis hin zu flexiblen Fertigungszellen, die im Rahmen einer Matrixproduktion Hyperflexibilität erlauben und zu denen die neue Generation der flexiblen Roboter sehr gut passt: Die Software-definierte Fabrik kennt viele Spielarten, doch sind die wenigsten Fabriken dafür gerüstet. Die Treiber für eine Transformation der Fabrik sind kein Geheimnis und für viele die gleichen: Die Lieferkette muss gesichert, Wertschöpfungsketten resilienter, Transportwege optimiert, Stückzahlen von Produkten reduziert und der Fachkräftemangel etwas umschifft werden.

Leistung, Flexibilität, einfache Handhabung: Die Attribute der Fabrik der Zukunft

Fabrikanlagen aus dem Bestand sind oft schon Jahrzehnte im Einsatz, die zwar bewährte Hard- und Software nutzen, nicht aber auf die Nutzung von Daten optimiert sind. „Die bestehenden Systeme sind auf Langlebigkeit, Integrität, Sicherheit und Stabilität angelegt“, sagt Daniel Stock, „künftige auf Leistung, Flexibilität und einfache Handhabung.“ Die Herausforderungen sind vorprogrammiert: Wer sich früher auf das so genannte Air-Gap verlassen konnte, also die strikte physische Trennung zwischen der unternehmensweiten (und -internen) Maschinen- und IT-Welt mit der Außenwelt, ist heute vernetzt mit Diensteanbietern und Partnerunternehmen und muss mit entsprechenden Maßnahmen vorsorgen. „Cybersecurity ist das eine Thema“, erläutert der Leiter des Manufacturing Operations Mangement bei Capgemini Stock, „zudem sind die neuen Systeme, die die „alte“ OT- mit der neuen IT-Welt verschmelzen, noch nicht vollständig echtzeitfähig.“

Alter Bestand, Cybersicherheit und Rechenarchitektur zentrale Herausforderungen

Besonders in der Infrastruktur und den von Stock „Compute“ genannten Bereich der Rechenleistung und deren Architektur gibt es oft Nachholbedarf. Netzwerke sind veraltet. Kabel können nicht ausgetauscht werden. Eine Alternative dazu wären Funktechnologien wie Wi-Fi 6, 5G (oder künftig 6G). „Echtes 5G ist aber nicht flächendeckend verfügbar und die Einführung der Infrastruktur kommt langsam voran“, so Stock. Hinzu kommt, dass Daten nicht mehr zentral auf dem Server, sondern verteilt verarbeitet werden sollten. Teils werden die Daten gleich am Ort des Entstehens (EDGE-Computing) genutzt, teils in der öffentlichen oder privaten Cloud. Cloud-Anbieter wie Amazon und Microsoft arbeiten vermehrt mit Unternehmen wie Siemens und SAP zusammen und schaffen neue datenbasierte Anwendungen. Um hier selbst mit veralteter Infrastruktur noch Zugang zu bekommen, werden Maschinen mit Adapterlösungen ausgestattet, neu hinzukommende Robotersysteme und Anlagen verfügen über offene und standardisierte Schnittstellen, das Gesamtsystem oft noch nicht.

Leuchtturmprojekte sind nie unternehmensweit etabliert worden

Um eine Fabrik Schritt für Schritt zukunftsfähig zu machen, rät Capgemini-Berater Stock dazu, sich die „Substanz“ zunächst ganz genau anzuschauen. Wie viele Maschinen und Roboter sind wo im Einsatz? Auf welchem Stand sind sie und welche Kommunikationsprotokolle nutzen sie? Ist es möglich, sie über Adapter eine Zeitlang weiter betreiben zu können? Von dieser Analyse ausgehend wird dann nutzenorientiert ein Umbau der Infrastruktur geplant. Noch vor zehn Jahren galten Leuchtturmprojekte als das Nonplusultra. Also Einzelprojekte aufzusetzen, die zeigen sollten, wie künftige Lösungen aussehen sollten. „Diese Initiativen sind mehr oder weniger erfolgreich gewesen“, erläutert Stock. Meistens jedoch waren sie nicht auf das gesamte Unternehmen übertragbar. „Jeder Produktionsstandort hatte seine eigene Strategie“, resümiert Stock, „ich kenne keinen Fall, in dem das gesamte Unternehmen von einem Leuchtturmprojekt flächendeckend profitiert hätte.“

Um das zu ändern, entstand im letzten Jahr Manufacturing X, das Pendent zu Catena X für den Produktionssektor. Das Ziel: Über gemeinsame Standards (wie u.a. Asset Administration Shell, AAS) Produktionsunternehmen intelligent miteinander zu vernetzen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schreibt im Whitepaper der Plattform Industrie 4.0 von einer „durchgängigen Datenvernetzung und der Bereitschaft zum multilateralen Teilen von Daten“.

Von Quick Wins bis zur Zukunftsstrategie: Capgeminis Framework für die Transformation

Einige Hersteller haben bereits begonnen, für ihre Komponenten übergreifende Standards zu entwickeln, doch ist das erst der erste Schritt in der Initiative Manufacturing X, die eher ein mittelfristiges Vorhaben ist. Aktuell zählen besonders für die Branche der Autozulieferer zunächst Quick-Wins: „Schnell und punktuell vorzugehen kann helfen, um ganz konkret Anforderungen wie bessere Qualität der Produkte, einen höheren Durchsatz oder weniger Ausschuss anzugehen – also kritische Prozesse“, meint Stock. Das kann dann tatsächlich ein Adapter sein, der kurzfristig Konnektivität herstellt und damit die Chance Daten zu sammeln und für Entscheidungen auszuwerten. Lieber wäre Stock eine End-to-End-Herangehensweise: Das geeignete Instrumentarium hat Capgemini mit der Manufacturing Operations Platform in einem passenden Framework bereits zur Verfügung. Wer Bedarf hat, kann also auch das Big Picture für eine Zukunftsstrategie entwerfen, ein auf offenen Standards basiertes Manufacturing Execution System (MES) einführen lassen – oder sich zunächst auf Quick Wins im Rahmen von konkreten Use Cases konzentrieren.

Kontaktieren Sie unsere Experten

Dr.-Ing. Daniel Stock

Managing Solution Architect & Head of Manufacturing Operations Management | Capgemini Engineering
Daniel leitet bei Capgemini Engineering für Deutschland den Bereich Manufacturing Operation Management. Außerdem ist er Ansprechpartner zu den Engineering Research & Development-Themen rund um Smart Factory.