NRF 2023: 4+1 Trends von der weltgrößten Handelsmesse

1. Operative Effizienz

Es ist nicht verwunderlich, dass die makroökonomischen Krisen – die Unterbrechungen der Lieferketten, Inflation und die Sorgen der Verbraucher über ihre finanzielle Situation – dazu führen, dass Einzelhändler aus purer Notwendigkeit ihre Betriebsabläufe optimieren. Lösungen, die die Effizienz in der gesamten Wertschöpfungskette steigern, sind in diesen Tagen besonders gefragt – vor allem KI-basierte Tools für Nachfrageprognose und -management.

Vor dem Besuch der NRF habe ich die These aufgestellt, dass die derzeitige Krise die richtige Zeit für neue und echte Loyalitätsprogramme sein wird. Um das zu überprüfen, habe ich mich in vielen Diskussionen vor Ort mit Kunden und Partnern ausgetauscht. Um es kurz zu machen: Meine These war nicht falsch, aber verführt. Stattdessen war die grundsätzliche Haltung: „Bevor wir umfangreiche Programme zur Kundenbindung einführen, müssen wir unsere Hausaufgaben machen: Produkte rechtzeitig in die Regale stellen und die Preise so niedrig wie möglich halten – das ist die eigentliche Voraussetzung für Loyalität.”

2. Die Check-out-Frage

Scan & Go und nahtlose Check-out-Optionen sind nicht mehr ganz neu, aber es scheint, dass der Markt einen neuen Reifegrad erreicht hat. Jeder Einzelhändler plant entweder die Einführung einer ersten Check-Out-Lösung oder ersetzt bzw. verbessert die bestehenden Lösungen. Die Technologie in diesem Bereich variiert von Hightech-Optionen wie dem nahtlosen Check-out von Amazon und Starbucks oder dem noch beeindruckenderen RFID-basierten Check-out von UNIQLO bis hin zu weniger ausgefeilten, aber sehr skalierbaren und preiswerten Self-Checkout-Lösungen, die sogar beim Low-Tech-Großhändler Costco zu finden sind.

3. Pause für Flaggschiff-Innovationen

Viele der großen Innovationen wie Omnichannel oder digitale Zwillinge, die in den letzten zwei Jahren in der Branche in aller Munde waren, sind zwar immer noch relevant – haben aber an Priorität verloren. In Krisenzeiten, in denen der Schwerpunkt wieder auf die betriebliche Effizienz gelegt wird (siehe Nr. 1), werden einige dieser Lösungen wieder ans Ende der Warteschlange gestellt, wenn auch vorübergehend. Sobald die Krise vorbei ist, werden wir hier sicher wieder einen Aufschwung erleben.

4. „Protoverse“ statt „Metaverse“

Der Hype um das Metaverse scheint vorerst zu einem Ende zu kommen und spiegelt damit wie aus dem Lehrbuch den Verlauf eines „Hype-Cycles“ wider. Klar ist zum einen: es wird nicht die eine, singuläre Lösung geben. Und zweitens: wir befinden uns noch in der Phase des Ausprobierens. Einfach gesagt: bisher gibt es nicht „das Metaverse“ – sondern viele „Protoverses“.

Bevor das Metaverse zu einem echten Game Changer werden kann, werden ohnehin noch einige zentrale Elemente benötigt, wie z.B. eine interoperable Identitäts-Wallet, sehr leichte und bequeme AR-/VR-Brillen und einiges mehr. In der Zwischenzeit kommt die neue Technologie schon in einer Reihe von Anwendungsfällen zum Einsatz, die vom Marketing mit NFTs bis zur Ausweitung von Online-Shops auf VR reichen. Vielleicht etwas weniger spektakulär, als bisher erwartet, dafür aber solide Lösungen.

5. Zu guter Letzt: ChatGPT mischt die Branche auf

Jenseits all der konkreten einzelhandelsspezifischen Inhalte wurde die ganze Szenerie von einem potenziellen Game Changer überlagert: ChatGPT und sein potenzieller Konkurrent, LaMDA von Google. Bisher gibt es viele offene Fragen, sowohl für den Einzelhandel als auch für Wirtschaft und Gesellschaft im Allgemeinen: Ist ChatGPT eine Gefahr für Googles suchmaschinenbasiertes Geschäftsmodell? Was sind die Konsequenzen für Marketing und CRM? Im Moment weiß das noch niemand genau. Einig waren sich aber auch auf der NRF alle: Die Technologie wird vieles in der Branche grundlegend verändern.

Was Verbraucher gerade bewegt und welche Maßnahmen Einzelhändler und Konsumgüterunternehmen daraus ableiten sollten, lässt sich auch in unserer aktuellen Consumer Trends Studie 2023 nachlesen.