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Emerging Risks: Wie Versicherer die neuen Risiken antizipieren können

Martin Baumann
20. Feb. 2020
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Unerwartete Ereignisse und Naturkatastrophen wie die verheerenden Buschbrände in Australien, Cyberattacken oder die zuletzt rasante Ausbreitung der Coronavirus-Epidemie sind nur wenige Beispiele, die kurzfristig Schadenssummen in Milliardenhöhe verursachen können und Versicherungen vor unerwartete Herausforderungen stellen.

Die Ursprünge dieser Ereignisse zählen zu den Emerging Risks: Neuartige, zukunftsbezogene Risiken, die sich neu entwickeln und in ihrem Ausmaß schwer zu quantifizieren sind. Neue Technologien und Entwicklungen der modernen Gesellschaft bieten somit neben neuen Chancen auch neue Gefahren: So erhöhen Emerging Risks mit hoher Wahrscheinlichkeit Schadensforderungen und verändern die Erwartungen und Bedürfnisse der Versicherungsnehmer. Viele Kunden geben an, sich durch bestehende Versicherungsangebote nicht ausreichend abgesichert zu fühlen. Um die Versicherungsangebote entsprechend anpassen zu können, gilt es, die Risikoquellen zu erkennen und mögliche Schäden zu antizipieren. Nur die Firmen, die die Treiber der Emerging Risks verstehen, können den verändernden Risikodeckungsbedarf ihrer Kunden vorhersehen, passende, innovative Versicherungslösungen anbieten und den entsprechenden Versicherungsschutz garantieren.

Der Capgemini World Insurance Report (WIR) identifiziert in der Ausgabe von 2019 die aktuellen Treiber der Risikolandschaft. Diese lassen sich in fünf Makrotrends zusammenfassen – disruptive Umweltmuster, technologischer Fortschritt, die Weiterentwicklung soziologischer und demografischer Trends, sowie veränderte Rahmenbedingungen:

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Abbildung 1: Die fünf Makrotrends der Emerging Risks

1. Disruptive Umweltmuster

Bedenken aufgrund zunehmender Naturkatastrophen, die Knappheit und Erschöpfung natürlicher Ressourcen sowie der Anstieg von Mikroschadstoffen wie z.B. durch Mikroplastik nehmen zu. Für Privatpersonen gefährden diese u.a. Gesundheit und Eigentum, während Unternehmen beispielsweise mit Produktivitätsverlusten aufgrund gestiegener Produktionskosten und Störungen des Geschäftsbetriebs konfrontiert sind. Weiterhin bestehen Risiken im Bereich erneuerbarer Energien und bei Missachtung von Umweltvorschriften.

2. Technologischer Fortschritt

Moderne Technologien auf Basis künstlicher Intelligenz, vernetzter Geräte und Nanotechnologien bergen neue Datenschutzrisiken. Aufgrund zunehmender Cyberangriffe sowie wachsender Datenmengen, die entscheidend für den Geschäftserfolg sind, steigen die Unternehmensausgaben für Netzsicherheit. Neben Cybergefahren liegt eine weitere Risikoquelle z.B. im Einsatz von Nanotechnologien. Auch führt der zunehmende Einsatz von Drohnen und das sich in dem Kontext momentan noch stark verändernde regulatorische Umfeld zu steigenden Kosten.

Westliche Gesellschaften sind im Wandel: Sie verzeichnen steigende Ungleichheiten sowie ein schwächer werdendes soziales Netz. Gleichzeitig birgt der „silberne Tsunami“, also eine stark alternde Bevölkerung, das Risiko für Privatpersonen, Ersparnisse zu „überleben“ und den finanziellen Druck, höhere Beträge in die langfristige Gesundheitsfürsorge zu investieren. Ein weiteres Risiko liegt in der Veränderung der Angestelltenverhältnisse: Zunehmende Kurzbeschäftigungen und befristete Verträge führen zu erhöhter Arbeitsplatzunsicherheit. Die Veränderung des Verbraucherverhaltens führt bei Unternehmen zu Investitionsdruck in die digitale Transformation, um neuen Kundenerwartungen gerecht zu werden.

4. Neue medizinische und gesundheitliche Bedenken

Steigende Gesundheitskosten stellen eine große Herausforderung für die Versicherungsindustrie dar. Dieser größere Trend wird getrieben durch steigende Antibiotika- und Arzneimittelresistenzen und Bedrohungen durch neue Infektions- und aufkommende chronische Krankheiten, welche zu erhöhten Gesundheitsausgaben führen. Lebensstilbedingte Risiken und verhaltensorientierte gesundheitliche Bedenken stellen außerdem ernsthafte gesundheitliche Risiken für Konsumenten dar und können für Unternehmen zu unerwarteten Produktivitätsverlusten führen.

5. Veränderte Rahmenbedingungen

Finanzielle, regulatorische und geldpolitische Risiken stellen weiterhin eine Bedrohung für die Industrie dar. Gemeinsam mit geopolitischen Risiken und steigendem Protektionismus bedeutender Märkte üben sie Druck auf die inländische Wirtschaft aus. Weiterhin schafft der Aufstieg technologiebasierter Firmen und Erfolg neuer Geschäftsmodelle Risiken für etablierte Unternehmen. Weitere Gefahren liegen in regulatorischen Risiken und der Schuldenblase, welche für Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen finanzielle Risiken bergen.

What’s next? Kundenorientierte Versicherungslösungen sind gefragt

In diesem dynamischen und zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld ist es entscheidend, dass Versicherungen den veränderten Versicherungsbedarf ihrer Kunden antizipieren und passende Versicherungslösungen anbieten. Dabei bieten gerade die veränderten Kundenanforderungen den Versicherern die Chance, ihr Leistungsangebot zu überdenken und zu optimieren. Unser World Insurance Report zeigt, dass Kunden bereit sind, nicht nur für das Versicherungsprodukt selbst, sondern auch für die Risikoprävention zu zahlen. Zu den neuen Versicherungsmodellen, an denen Kunden Interesse zeigen, zählen vor allem nutzungsabhängige und on-demand Versicherungen sowie parametrische Versicherungsprodukte. Letztere regulieren Schäden regelbasiert, sodass bei Eintritt eines Ereignisses die Leistungsauszahlung automatisch ausgelöst wird. Parametrische Versicherungen sind vor allem sinnvoll als Ergänzung zur klassischen Versicherung und können z.B. zur Regulierung von klimabedingten Risiken eingesetzt werden. Weiterhin zeigen Kunden großes Interesse an personalisierten Produkten und Services und sind bereit, hierfür zusätzliche Daten bereitzustellen. Die Versicherung der Zukunft ist somit jene, welche den Kunden als „Partner“ zur Seite steht und als „Vermeider“ bei der Risikokontrolle unterstützt.

Bei Capgemini Invent unterstützen wir Sie dabei, Ihr Leistungsangebot bedarfs- und kundengerecht anzupassen. Mit unserem Ansatz werden Endkunden von Anfang an aktiv in den Produkt- und Serviceentwicklungsprozess einbezogen. Unser Ansatz bindet Kunden mittels Echtzeit-Marktforschungstools in den Innovationsprozess ein und ermöglicht, neue Konzepte effizient auf ihre Kundenzentriertheit zu verproben.

Weitere Informationen zu unserem innovativen Serviceangebot für die Gestaltung kundenzentrierter Geschäftsmodelle finden Sie hier.

Vielen Dank an die Co-Autorin Mira Oetzmann für die maßgebliche Erstellung dieses Blogbeitrages.

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Autor

Martin Baumann

Senior Director | Insurance, Capgemini Invent Germany
Martin Baumann ist bei Capgemini Invent für die Bereiche Customer Engagement in der Financial Services Industrie sowie für Digital Insurance  in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. Seine Leidenschaft und eine seiner Hauptaufgaben ist die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle mit Fokus auf kundenzentriertes Produkt- und Servicedesign.