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5G-Campus-Netze Teil 1: Wie ein 5G MPN den Industrial Vendor-Lock-In aufbricht und intelligente Industrie ermöglicht

Michael Rogosch
24. Mrz. 2023
capgemini-engineering

Wir sind überzeugt, dass 5G MPN eine entscheidende Rolle in der Zukunft der Produktion spielen werden.

In einer Serie von Artikeln werden wir uns daher mit dem Thema 5G MPN (Mobile Private Network) in der industriellen Produktion auseinandersetzen, die verschiedenen Aspekte der Technologie betrachten und ihre Bedeutung für die Zukunft der Produktion diskutieren. Wir befassen uns u. a. mit

  • der Wahl zwischen einem 5G MPN auf dem Betriebsgelände oder in der Cloud
  • der Konkurrenz von 5G Funknetz und anderen drahtlosen Technologien
  • der Amortisation von 5G MPN, der Einbeziehung von 5G MPN in kritische Infrastruktur
  • den Betriebsaspekten von 5G MPN und
  • wie Nachhaltigkeit durch den Einsatz von 5G MPN gefördert werden kann
Abbildung 1: Vier Industrien mit Produktionsstraßen

Unser Ziel ist es, ein tiefes Verständnis für die Bedeutung von 5G MPN in der industriellen Produktion zu vermitteln und Unternehmen dabei zu unterstützen, die Technologie optimal zu nutzen.

Industrielle 5G-Campus-Netze – Nährboden für die Entwicklung eines OT-Ökosystems nicht nur in der produzierenden Industrie 4.0

Zunächst ist es wichtig, die beiden verschiedenen Aspekte der Technologie zu betrachten: IT (Informationstechnologie) und OT (Operations-Technologie).

IT bezieht sich auf die Technologie, die für die Verwaltung und den Austausch von Informationen in einem Unternehmen verwendet wird. Hierzu gehören Netzwerk- und Serverinfrastruktur, Datenbanken, Anwendungen und andere Software-Lösungen.

OT hingegen bezieht sich auf die Technologie, die direkt in den Produktionsprozess eingebunden ist. Hierzu gehören Sensoren, Maschinensteuerungen, Aktoren und andere Geräte, die für die Steuerung und Automatisierung von Prozessen sowie die Überwachung von Produktionsanlagen eingesetzt werden.

Traditionell wurden IT- und OT-Systeme getrennt voneinander betrieben und verwaltet. IT-Systeme wurden von einer zentralen IT-Abteilung verwaltet, während OT-Systeme von der Produktionsabteilung betrieben wurden. Dies führte oft zu einer Fragmentierung der Systeme und einer begrenzten Integration zwischen IT und OT. Mit der Einführung von 5G MPN wird die Konvergenz von IT und OT ermöglicht. Durch die Nutzung von 5G-Netzwerken können IT- und OT-Systeme miteinander verbunden und integriert werden (siehe Abbildung 2). Dies ermöglicht eine nahtlose Kommunikation und einen Austausch von Daten zwischen den verschiedenen Systemen.

Abbildung 2: Unternehmensbereiche („Domänen“) im produzierenden Gewerbe

In der Vergangenheit wurden IT-Systeme hauptsächlich für die Verwaltung von Geschäftsprozessen und die Unterstützung von Büromitarbeitenden eingesetzt. OT-Systeme hingegen wurden für die Steuerung und Überwachung von Produktionsanlagen eingesetzt. Diese Systeme wurden traditionell von unterschiedlichen Abteilungen verwaltet und betrieben und waren aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen und Anforderungen in der Regel getrennt voneinander. Dies hatte auch den Vorteil, dass das Risiko von Cyberangriffen auf die Produktionssysteme minimiert wurde.

In den letzten Jahren hat die Digitalisierung jedoch die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, grundlegend verändert. Durch die Verwendung von IoT und anderen Technologien können Daten in Echtzeit gesammelt und analysiert werden, um die Produktion zu optimieren und die Qualität der Produkte zu verbessern. Unternehmen haben erkannt, dass die Integration von IT- und OT-Systemen entscheidend ist, um diese Vorteile zu nutzen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Und genau diese Konvergenz von IT und OT durch 5G MPN ermöglicht es Unternehmen, ihre IT- und OT-Systeme nahtlos zu integrieren und die Vorteile der Digitalisierung voll auszuschöpfen, z. B. mit einer kostengünstigeren oder effizienteren Produktion. Die 5G MPN Technologie bietet dabei eine offene Plattform für den Austausch von Daten und Informationen und erhöht die Flexibilität und Skalierbarkeit von Unternehmen.

Mit der zunehmenden Digitalisierung und der Konvergenz von IT- und OT-Systemen durch 5G MPN steigt jedoch auch das Risiko von Cyberangriffen auf Produktionsanlagen und -prozesse. Die Integration von IT- und OT-Systemen erhöht folglich die Anzahl der Angriffspunkte für Cyberkriminelle. Dieser größeren Bedrohung für die Produktionssysteme und -prozesse begegnen die 5G MPN wirksam mit speziellen 5G Sicherheits-Features wie z. B. einer ausgeklügelten Verschlüsselungs-Infrastruktur sowie profunden Authentisierungs- und Autorisierungs-Mechanismen und den Anbindungsmöglichkeiten an Sicherheitsüberwachungssysteme.

Durch die Verlagerung der Steuerung und Kontrolle der OT Domäne ins MPN, erreichen Unternehmen Einsparungen oder höhere Produktivität

Die Komponenten des 5G MPN – s. Abbildung 2 – umfassen zum einen die „connected devices“, die Roboter, IoT Devices, Sensoren, AR Brillen usw., die über 5G Funkmodule (oder WiFi) an das 5G MPN angebunden werden können.

Zweitens gibt es 5G Funkstationen (separate oder von öffentlichen Netzbetreibern wie Vodafone, Telekom, Telefonica), die von dem sog. „5G Core Network“ angesteuert werden.

Und als eigentliches Herzstück gibt es dazwischen das sog. „Mobile Edge Computing Center (MEC)”, welches als offene IT-Plattform so ausgelegt wird, dass es als integraler Bestandteil eines 5G MPN mit sog. „Microservices“ Aufgaben der OT-Systeme übernehmen kann wie:

  • Factory / Shop Floor Services & Apps
  • Digital Intelligent Services
  • Business Services & Apps

also die Dienste, die die Steuerung und Kontrolle der OT-Systeme übernehmen und traditionell nur von dem Hersteller dieser OT-Systeme geliefert werden konnten.

Das sind eigentlich alle Dienste der OT-Domäne bis auf die „Manufacturing IT Systems“, die die Produktionsstraße unmittelbar steuert. Worin liegt nun der Vorteil eines 5G MPNs?

Die bisher (proprietäre) OT-Domäne wurde – wenn auch nur in Teilen – von einem einzigen Hersteller beherrscht, der auch alleinig für die Weiterentwicklung der OT-Dienste wie „Factory / Shop Floor Services“, „Digital Intelligent Services“ und der „Business Services & Apps“ sowie deren gesamten Lifecycle verantwortlich zeichnete.

Durch die Verlagerung dieser OT-Dienste in das MEC in der 5G MPN Domäne können viele Hersteller ihre Software mit Verbesserungen hinsichtlich Produktionsqualität und Produktionsausstoß („Microservices“) auf dem MEC anbieten, unabhängig von der Wahl des Herstellers in der OT-Domäne, und vor allem unabhängig von dessen Kostenmodell.

So entsteht zusätzlicher Wettbewerb für die Systeme in der OT-Domäne, auch was deren Bepreisung und Kostenmodelle angeht. Die Microservices wiederum werden in einer agilen Weise, den sog. CI/CT/CD Pipelines, nach modernsten IT-Standards entwickelt, getestet und installiert. Sie erfüllen daher Anforderungen wie „Agile DevOps“, da sie unabhängig von der jeweiligen, virtualisierten Infrastruktur in jeder „cloud-native“ Umgebung (vgl. AWS oder Microsoft Azure oder Google Public Cloud) lauffähig sind.

Fazit: Ziel erreicht, Herstellervielfalt und Wettbewerb für Systeme zur Steuerung und Kontrolle der OT-Domäne ist hergestellt.

Konsequenz: Einer Weiterentwicklung der OT Domäne gemäß modernen Programmier- und agilen Entwicklungsmethoden steht nichts mehr im Weg.

Insbesondere die 5G Mobile Edge Computing Komponente eines 5G MPN hilft Industrieunternehmen also dabei, den Vendor-Lock-In aufzubrechen und legt das Fundament für die Vernetzung und intelligente Steuerung der Produktion und somit für Intelligent Industry. Dazu mehr in kommenden Blogs.

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Autor

Michael Rogosch

Leiter des Bereichs 5G & Edge sowie des Center of Excellence 5G & Connectivity bei Capgemini Engineering

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