Zum Inhalt gehen

IT Trends 2020: Sind intelligente Technologien ein Erfolg?

Dr. Sven L. Roth
15. Mai 2020

Teil 1: CIOs beurteilen Erfolg kritischer als Fachseite

Teil 2: Wie groß ist der Bedarf nach Gaia-X?

Teil 3: Warum die Automatisierungsquote noch immer stagniert

Teil 4: Die verpasste Chance: Banken erkennen das Potenzial intelligenter Technologien, nutzen es aber kaum

Teil 5: Outsourcing senkt in der Krise Kosten und erlaubt Fokussierung auf das Kerngeschäft

Alfred Aue, Capgemini

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie zwingen viele Unternehmen dazu, ihre Kosten zu senken. Outsourcing ist eine Möglichkeit mit noch viel Potenzial – und meist langer Nachwirkung. Unternehmen sollten daher gut überlegen, welche Dienste sie ausgelagern. Es gibt drei Kategorien, in die sie ihre Prozesse und Geschäftsbereiche für eine solide Entscheidungsbasis einordnen können.

Das Phänomen ist nicht neu: Wird die wirtschaftliche Lage kritisch, müssen Unternehmen sparen und lagern häufig Teile ihrer IT aus. Das geschah beispielsweise im Zuge der Finanzkrise. Zwischen Herbst 2009 und 2010 sank die Eigenleistungstiefe im Durchschnitt um rund 13 Prozent, wie die Ergebnisse der IT-Trends-Studie zeigen. In den Folgejahren stieg sie dann allmählich wieder an, sprich, die IT-Abteilungen erledigten anteilig wieder mehr Arbeiten mit eigenem Personal.

Wenn die Eigenleistungstiefe steigt, holen Unternehmen in der Regel aber keine zuvor ausgelagerten Services zurück. Sie stocken ihre eigenen Leistungen auf, beispielsweise indem sie zusätzliche, neue Anwendungen entwickeln und anschließend betreiben. Das bedeutet, dass Entscheidungen über das Outsourcen gut überlegt und keinesfalls Hals über Kopf getroffen werden sollten, denn sie wirken noch viele Jahre nach.

Differenziertes Auslagern senkt Kosten und schafft Freiräume für Innovation

Um zu entscheiden, was am besten an externe Dienstleister abgegeben werden kann, sollten Unternehmen ihre Prozesse und Geschäftsbereiche unter die Lupe nehmen und in die folgenden drei Kategorien einteilen:

  1. Innovativ: verlangt sehr viel Innovation, differenziert vom Wettbewerb oder dreht sich um neue Geschäftsmodelle
  2. Kritisch: ist etabliert, muss zwingend stabil laufen – beispielsweise Produktions- und Auftrags- oder Logistiksysteme
  3. Standard: gehört nicht zum Kerngeschäft, ist weitgehend standardisiert und nicht differenzierend – Beispiel Finanzbuchhaltung

Kategorie 1: Innovations-Hot-Spots selbst betreiben

Viele Unternehmen entwickeln derzeit im Zuge der Digitalisierung neue Services. Dazu gehören beispielsweise Wartungspakete für Maschinen und Anlagen oder Unterhaltungs- und Kommunikationsangebote für Fahrzeuge. Anbieter, die bislang nur an Geschäftskunden verkauft haben, entwickeln Services für Endverbraucher. Solche Leistungen sollen zum Wachstum des Unternehmens beitragen und die Wettbewerbsposition verbessern. Aufgrund ihrer großen Bedeutung und der noch fehlenden Standardisierung können und sollten diese IT-Leistungen nicht ausgelagert werden. Es ist allerdings ratsam, die entsprechenden Anwendungen in einer Cloud zu betreiben, da sie die notwendige Flexibilität, innovative Dienste etwa für KI-Anwendungen und Spielraum für die Skalierung bietet.

Kategorie 2: Steuerungsfähigkeit bei kritischen Prozessen wahren

In anderen Bereichen sind die Abläufe bereits weitgehend etabliert und es ist sehr wichtig, dass die entsprechenden IT-Services zuverlässig rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Sie generieren aber keine Wettbewerbsvorteile. Ein Beispiel ist die Logistik eines Handelsunternehmens, die gut funktionieren muss, aber prinzipiell auch beim Wettbewerb nach dem immer gleichen Schema abläuft. Diese Prozesse lassen sich gut auslagern; allerdings sollte das Unternehmen sicherstellen, dass es nach wie vor steuernd eingreifen kann. Idealerweise sollten Anwendungs- und Infrastruktur-Management in eine Hand gegeben werden, damit es nicht zu Abstimmungsproblemen zwischen verschiedenen Anbietern kommt und die Einbindung in andere Prozesse optimal gestaltet werden kann.

Kategorie 3: Verantwortung für Standardprozesse abgeben

Alle weitgehend standardisierten Hilfsprozesse außerhalb des Kerngeschäfts – wie Finanzbuchhaltung, Personalabrechnungen oder ähnliches – lassen sich gut als Komplettpaket auslagern. Dabei wird dem Anbieter überlassen, wie er die Arbeit erledigt.

Wirtschaftlich kritische Lage erhöht Veränderungsbereitschaft

Aktuell besteht in Deutschland viel Potenzial für die Auslagerung von Anwendungs- und Infrastruktur-Management-Services. Denn in den vergangenen Jahren liefen die Geschäfte gut und Führungskräfte haben weniger über Einsparungen nachgedacht als in Krisenzeiten. Darüber hinaus mussten viele Unternehmen in den letzten Jahren in erster Linie innovativ sein, um ihre Zukunft zu sichern; und wer den Innovationsprozess zu früh dem Spardiktat unterwirft, der würgt ihn ab.

Jetzt aber sind viele Unternehmen im Krisenmodus und müssen Kosten senken, auch um ihre Innovationen weiter finanzieren zu können. Dementsprechend ist im Moment die Bereitschaft groß, Prozesse zu verändern und abteilungsübergreifend Kompromisse einzugehen. Wann also, wenn nicht jetzt die Chance nutzen und Leistungen der Kategorien 2 und 3 gezielt auslagern? Damit können Sie die Kostenstruktur nicht nur für eine kritische Zeit, sondern langfristig verbessern.


Teil 4: Die verpasste Chance: Banken erkennen das Potenzial intelligenter Technologien, nutzen es aber kaum

Klaus-Georg Meyer, Capgemini

Banken konzentrieren sich in diesem Jahr in der IT auf Kostensenkungen und die Erhöhung der Effizienz. Die Nutzung intelligenter Technologien und der Aufbau von Partner-Netzwerken steht nur bei wenigen auf der Agenda. Verpassen damit vor allem traditionelle Institute die Chance, neue Geschäftsmodelle umzusetzen?

Laut den Ergebnissen der IT-Trends-Studie 2020* ist die Digitalisierung für Banken zwar immer noch wichtig, aber da die Branche ohnehin sehr digital ist, geht es dabei in erster Linie um die Verbesserung der Systeme an der Schnittstelle zum Kunden. Das Potenzial intelligenter Technologien erkennen viele, nutzen es aber kaum. Und das, obwohl diese Technologien Chancen für die Umsetzung neuer Geschäftsmodelle eröffnen, die vor allem für traditionelle Kreditinstitute wichtig sind.

Denn wenn sie jetzt nicht handeln, überlassen sie den Markt für neue Zahlungsdienstleistungen und -Services Fintechs und Neobanken, die informationstechnologisch in der Regel wesentlich besser aufgestellt sind und keine Altlasten haben. Im Zuge von Open Banking müssen die alteingesessenen Banken ihre Systeme Wettbewerbern zugänglich machen. Daher wird die Tatsache, dass sie die Beziehung zur Mehrheit der Kunden haben, im Wettbewerb immer weniger zählen. Darüber hinaus nimmt deren Markentreue ab, während Bequemlichkeit und Preis bei der Entscheidung für einen Anbieter wichtiger werden. Und genau in diesem Zusammenhang könnten intelligente Technologien einen großen Beitrag leisten: Sie können dabei helfen die Kosten zu senken und bessere Services zu bieten, beispielsweise durch die Automatisierung von Bonitätsprüfungen, Robo-Advisory und andere intelligente Services.

Erfahrung in Analytik fehlt

Das Know-how traditioneller Geldhäuser im Bereich intelligente Technologien ist aber noch nicht besonders ausgeprägt, wie die Ergebnisse der IT-Trends-Studie zeigen. Mehr als ein Drittel beschäftigt sich überhaupt nicht mit dem Thema und wenn doch, dann werden die Projekte stärker von der IT als von Fachabteilungen getrieben. Viele Leistungen können Banken nicht mit eigenen Mitarbeitern erbringen, weil ihnen die Expertise fehlt.

Das liegt unter anderem daran, dass sie sich in der Vergangenheit relativ wenig mit Datenanalyse auseinandergesetzt haben. Vor Open Banking konzentrierten sich die Aktivitäten hauptsächlich darauf, Kennzahlen für den internen Gebrauch zu produzieren. Dem Kunden interessante Informationen zur Verfügung zu stellen, neue Services zu entwickeln oder die eigenen Daten mit denen anderer Unternehmen zu vernetzen, hatte lange Zeit keine Priorität. Viele Banken gingen offenbar davon aus, dass Kunden gar keine Analyse ihrer Daten wünschen, geschweige denn die Vernetzung mit den Daten anderer Anbieter. Darüber hinaus wurden die Innovationsbudgets in der Finanzkrise stark gekürzt.

Entwicklung von Marktplätzen hat keine Priorität

Wenn es also schon nicht gelingt, eigene zusätzliche und vielleicht intelligente Leistungen anzubieten, könnten alteingesessene Banken doch Marktplätze etablieren und ihre Kundenbeziehung als zusätzliche Einnahmequelle nutzen. Aber auch in dieser Hinsicht tut sich wenig, denn der Aufbau von Partner-Ökosystemen steht nur bei weniger als jedem zehnten Teilnehmer der Studie auf der Prioritätenliste 2020. Um Anwendungsfälle rund um die Blockchain-Technologie kümmern sich noch weniger Institute. Allerdings gibt es in diesem Bereich weiterhin sehr viele ungeklärte Fragen, so dass sich das möglicherweise bislang auch nicht lohnt.

Mittelfristig wird es aber nicht reichen, nur die Kosten zu senken und die Automatisierungsquote zu erhöhen, um die Geschäftsmodelle traditioneller Geldhäuser zu sichern. Denn Kosten sind nicht der einzige Faktor, der jetzt zählt. Die Zinsen sind und bleiben wahrscheinlich niedrig, hinzu kommt der Ausbruch des Corona-Virus mit nicht absehbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft. Dementsprechend wäre es jetzt an der Zeit, die derzeit höhere Nachfrage nach digitalen Services zu nutzen, um einige Prozesse dauerhaft zu verändern und sich über die Umsetzung neuer Leistungen und Kooperationen Gedanken zu machen.

Was denken Sie? Wie nutzt Ihr Institut intelligente Technologien? Ich freue mich auf Ihre Sichtweise des Themas.

*Im Rahmen der IT-Trends-Studie ermittelt Capgemini in jedem Herbst den Status-quo der IT von Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Dieses Mal nahmen 120 Fach- und IT-Verantwortliche aus verschiedenen Branchen teil.


Teil 3: Warum die Automatisierungsquote noch immer stagniert

Thomas Heimann, Capgemini

Mit der Digitalisierung steigt die Komplexität der IT-Landschaften, das zeigen die Ergebnisse der IT-Trends-Studie 2020. Automatisierung ist für CIOs die wichtigste Maßnahme, um trotzdem den IT-Betrieb aufrecht zu erhalten. Dennoch stagniert die Automatisierungsquote, wie unsere Langzeitdaten zeigen. Was sind die Gründe?

CIOs nehmen sich Jahr für Jahr vor, mehr zu automatisieren. Unsere Daten zeigen aber, dass das dauerhaft nur bei einigen Fachprozessen gelingt. Dazu zählen die Rechnungsstellung, Monats- und Jahresabschluss oder Marketingvorgänge, für die es inzwischen Standardlösungen gibt. Die Automatisierung der Anwendungsentwicklung stagniert seit vielen Jahren auf niedrigem Niveau, während es beim Anwendungs- und Infrastruktur-Management bereits gute Erfolge gab. Seit drei Jahren ist die Quote in diesen Bereichen allerdings wieder deutlich rückläufig.

Halten agile Methoden nicht, was sie versprechen?

Vor allem die Ergebnisse für den Bereich Anwendungsentwicklung und -Management lassen aufhorchen. Denn mit dem Siegeszug agiler Methoden wie DevOps wurden viele Arbeiten automatisiert. Darüber hinaus haben No-Code- und Low-Code-Plattformen mit ihren vorkonfektionierten Komponenten dazu beigetragen, dass die Erstellung Workflow-orientierter Anwendungen, die Tests und das Debugging weniger manuelle Arbeit erfordern. Dennoch wirken sich diese Fortschritte kaum auf die Gesamtautomatisierungsquote aus. Ein Grund dafür ist, dass Unternehmen heute deutlich mehr Software selbst entwickeln als noch vor einigen Jahren. Und da es viele verschiedene Werkzeuge gibt und ständig neue hinzukommen, müssen sie ihren Einsatz konsequent steuern, um das Automatisierungsniveau halten beziehungsweise ausbauen zu können.

Im Infrastruktur-Management macht sich die zunehmende Heterogenität von IT-Landschaften bemerkbar, denn sie erschwert die Automatisierung erheblich. Darüber hinaus blenden viele Studienteilnehmer wahrscheinlich die von ihnen genutzten Automatisierungsmechanismen von Cloud-Anbietern aus, so dass die Quote in diesem Bereich tatsächlich höher sein dürfte als ausgewiesen.

Intelligente Technologien könnten die Automatisierungsquote deutlich erhöhen

Dennoch müssen Unternehmen erheblich mehr tun, um langfristig den Betrieb der immer komplexer werdenden IT-Landschaften zu sichern. Hoffnungsträger sind intelligente Technologien, die außerdem die Arbeit der IT-Abteilung stark vereinfachen können. Ihr Einsatzspektrum reicht von intelligenten Bots für das IT-Service-Management und den Support über lernende Systeme zur Unterstützung von Entscheidungen bis zu Algorithmen, die die System-Landschaft und Geschäftsprozesse überwachen, bei Problemen warnen oder selbst eingreifen.

Die Ergebnisse der IT-Trends-Studie zeigen, dass intelligente Technologien auch tatsächlich am häufigsten eingesetzt werden, um manuelle Tätigkeiten zu automatisieren, sowohl in der Fach- als auch in der IT-Abteilung. Dennoch wirken sie sich bislang kaum auf die Quote insgesamt aus. Der Grund ist, dass viele Unternehmen nur einzelne Bereiche automatisieren, es aber nicht schaffen, zu skalieren. Organisatorische Hürden, zu viele Verantwortliche und die mangelnde Bereitschaft, Prozesse zu verändern, um sie durchgängig automatisieren zu können, behindern den Erfolg. Aber vor allem bremst die technologische Vielfalt vieler Anwendungslandschaften. Ohne Standardisierung der technischen Plattformen ist Automatisierung im großen Stil wirtschaftlich kaum umsetzbar.

Ohne übergreifende Konzepte geht es nicht

Intelligente Technologien allein können es also auch nicht richten. Wie in vielen anderen Bereichen benötigen Unternehmen ein Gesamtkonzept für die Automatisierung und müssen Standards festlegen, an die sich alle Beteiligten halten. Außerdem sollten alle Betriebsmodelle berücksichtigt werden, angefangen bei Anwendungen im eigenen Rechenzentrum über Hybrid- bis hin zu Cloud-Lösungen. Die Umsetzung sollte schnell gehen, denn viele CIOs gaben in der diesjährigen Studie an, dass die Komplexität der IT weiter zunehmen wird und jetzt schon kaum noch beherrschbar ist.

Haben Sie Probleme, ein übergreifendes Automatisierungskonzept umzusetzen oder haben Sie eine Lösung gefunden, wie sie die vielen Systeme und Beteiligten unter einen Hut bringen? Wenden Sie sich gerne über meine Social Media Kanäle direkt an mich.

Falls Sie sich für die Langzeitdaten der IT-Trends-Studie interessieren, finden Sie hier Sie weitere Auswertungen, die ich gern mit Ihnen diskutiere. Und wenn Sie an der nächsten Befragung im Herbst teilnehmen möchten, schreiben Sie an it-trends(a)capgemini.com. Als Dankeschön erhalten Sie einen persönlichen Benchmark, der Ihre Ergebnisse mit denen der Gesamtstichprobe und einzelnen Branchen vergleicht.


Teil 2: Wie groß ist der Bedarf nach Gaia-X?

Befürchten Unternehmen eine Abhängigkeit von außereuropäischen Cloud-Anbietern?

Thomas Heimann, Capgemini

Im letzten Herbst hat das Wirtschaftsministerium den Aufbau einer innereuropäischen Cloud-Plattform angekündigt. Die ersten Anwendungen soll es Ende 2020 geben. Teilen Unternehmen die Sorge der Bundesregierung, immer abhängiger von Cloud-Anbietern zu werden?

Die Ergebnisse der IT-Trends-Studie 2020 zeigen, dass inzwischen mehr als 70 Prozent aller IT-Services aus einer Cloud kommen, der größte Teil davon nach wie vor aus unternehmenseigenen Infrastrukturen. Cloud-Anbieter machen allerdings zunehmend Boden gut. Denn viele große Provider aus Drittstaaten haben die Vorbehalte von Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ernst genommen und in den letzten Jahren Rechenzentren in der EU gebaut. Sie sichern DSGVO-Konformität zu und betreiben die Infrastruktur auf einem Sicherheitsniveau, das für ein einzelnes Unternehmen schwer zu erreichen ist. Darüber hinaus bieten sie vorkonfektionierte Services für Data Analytics, Internet-of-Things-Anwendungen und intelligente Technologien an, mit deren Hilfe Unternehmen mit geringem Aufwand und wenig Vorlauf Projekte umsetzen können.

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass mit der steigenden Nutzung von Anbieter-Clouds auch die Gefahr der Abhängigkeit entsteht. Das ist angesichts der Tatsache, dass die Platzhirsche auf dem deutschen wie europäischen Markt überwiegend zu amerikanischen Konzernen gehören, keine angenehme Vorstellung. Denn aufgrund unterschiedlicher Gesetzgebungen hat deren Regierung im Ernstfall Zugriff auf alle Daten. Damit ist die Sicherheit sensibler Wirtschafts- und Gesundheitsdaten in Gefahr.

Noch sind die meisten Unternehmen gelassen

Im Moment schätzen die Nutzer von Anbieter-Clouds die Abhängigkeit weder als vernachlässigbar gering noch als besorgniserregend hoch ein. IT-Dienstleistern bereitet sie am wenigsten Kopfzerbrechen, zum einen, weil der Umzug von Systemen und Daten von einer Cloud in eine andere zu ihrem Geschäft gehört. Zum anderen sind sie in der Regel nicht selbst betroffen, sondern ihre Kunden. Die Industrie, die auf Provider-Angebote angewiesen ist, sieht die Situation aber ebenfalls relativ entspannt, wohingegen die Automobilbranche etwas kritischer ist.

Mehr als drei Viertel der Nutzer von Anbieter-Clouds erwarten, dass die Abhängigkeit in Zukunft steigt. Besonders groß ist die Sorge bei Versicherungen, im Gesundheitsweisen, in der Industrie und der Automobilindustrie, aber auch Energieversorger machen sich Gedanken. Interessanterweise sind die Bedenken unter den IT-Verantwortlichen stärker ausgeprägt als bei Führungskräften aus den Fachabteilungen, wahrscheinlich weil CIOs die Lage besser einschätzen können.

Europäische Lösung für sicheren Datenverkehr und KI-Infrastruktur

Dementsprechend kommt die Initiative des Wirtschaftsministeriums offenbar zur rechten Zeit, um besonders Branchen Sicherheit zu geben, die mit sensiblen Daten umgehen und bei denen die Vernetzung stark steigt. Im ersten Halbjahr soll eine europäische Organisation gegründet werden, um das Projekt Gaia-X voranzubringen. Es sieht vor, die Cloud Services vieler kleiner und großer Unternehmen sowie der Cloud-Service-Anbieter zu vernetzen. Gaia-X soll für offene und einheitliche Schnittstellen sorgen und eine leistungsfähige KI-Infrastruktur für Unternehmen in Europa bereitstellen. Dadurch wird Gaia-X den Datenverkehr und Austausch von Semantiken zwischen Unternehmen eines Wertschöpfungsnetzwerks ermöglichen.

So können Daten, die durch die Digitalisierung, Industrie 4.0, autonomes Fahren und andere Anwendungen in Clouds verarbeitet werden, im Inland oder innerhalb der Europäischen Union bleiben und leichter zur Wertschöpfung genutzt werden. Gaia-X ist daher vielmehr eine Initiative zur Wirtschaftsförderung als lediglich ein Cloud-Projekt. Die ersten Anwendungen sollen Ende 2020 zur Verfügung stehen.

In der kommenden IT-Trends-Studie im Herbst werden wir uns weiter mit dem Thema beschäftigen und untersuchen, wie sich die Corona-Pandemie auf die Cloud-Nutzung auswirkt. Denn viele Unternehmen und Behörden haben, wenn der Betrieb nicht ruht, ihre Kapazitäten für mobiles Arbeiten aufgestockt.

Interessant wäre zu wissen, wie Ihr Unternehmen bzw. Ihre Behörde derzeit mit dem Thema mobiles Arbeiten und Cloud umgeht. Haben Sie schon über den Umstieg auf Gaia-X nachgedacht oder tun es vielleicht jetzt? Schreiben Sie mir, ich freue mich auf einen interessanten Austausch.


Teil 1: CIOs beurteilen Erfolg kritischer als Fachseite

Sven Roth, Capgemini

Die Nutzung intelligenter Technologien wie Machine Learning, Predictive Analytics oder Bilderkennung stagniert. Das zeigen die Ergebnisse der IT-Trends-Studie 2020, für die 120 Fach- und IT-Entscheider befragt wurden. Auch der Erfolg hält sich in den Augen der Studienteilnehmer in Grenzen. Bei der Beurteilung sind CIOs skeptischer als Führungskräfte aus Fachabteilungen, was daran liegen kann, dass CIOs höhere Erwartungen haben. Sie wissen, was Vorreiter damit alles erreichen und sind letztendlich auch diejenigen, die die komplexen Systeme implementieren und betreiben, Daten aufbereiten oder neue Quellen integrieren müssen.

Business und IT sehen stärkstes Engagement für KI-Einsatz bei sich

Demgegenüber fangen Fachabteilungen gerade erst an, sich intensiver mit der Technologie auseinanderzusetzen, und in der Regel sehen sie auch nur das Frontend. Aus diesem Grund erfahren sie vielleicht erst gar nicht, welche Hürden der CIO überwinden muss, damit es funktioniert. Interessanterweise ist nämlich jede Partei – sowohl die Fach- als auch die IT-Seite – der Meinung, die jeweils andere würde sich nicht genug engagieren und die Bedeutung intelligenter Technologien deutlich geringer einschätzen als sie selbst. Jede Partei hält sich für den maßgeblichen Treiber. Die Geschäftsführung spielt in ihren Augen zwar auch eine Rolle, aber keine ausschlaggebende. Der Erfolg wird sich aber nur einstellen, wenn alle zusammenarbeiten und jede Partei das beisteuert, was sie am besten kann.

Fachkräftemangel bremst Einsatz von Künstlicher Intelligenz aus

Problem Nummer eins auf dem Weg zum Erfolg ist nach wie vor der Mangel an geeigneten Mitarbeitern. Die Fachabteilungen leiden wesentlich häufiger darunter als die IT-Abteilungen. Im Gegenzug ist es leichter für sie, externe Ressourcen einzukaufen. Insgesamt hat sich die Situation gegenüber dem letzten Jahr aber leicht entschärft.

Auch die Akzeptanz der Mitarbeiter hat zugenommen. Die Implementierung und der Betrieb der Technologien ist zumindest für die IT-Seite einfacher geworden und es gibt insgesamt mehr Ideen für Use Cases. Diese Ideen in Business Cases zu verwandeln ist aber zunehmend eine Herausforderung und damit möglicherweise einer der Gründe, wenn Unternehmen der Sprung in die breitere Anwendung nicht gelingt.

Darüber hinaus hat die Datenverfügbarkeit abgenommen. Das überrascht nicht, denn in diesem Jahr werden mehr Pilotprojekte durchgeführt. Häufig stellt sich erst in deren Verlauf heraus, wie viele und welche Daten fehlen und wie viel Zeit man benötigt, um sie zu erschließen, aufzubereiten und zu testen. Solche Hürden können Unternehmen aber überwinden. Unterm Strich haben sie in diesem Jahr ohnehin weniger Probleme bei der Nutzung intelligenter Technologien als 2019.

Change-Management und Strategie erhöhen die Erfolgschancen

Viele Unternehmen tun im Moment aber genau das Richtige: Mehr als 85 Prozent von ihnen haben eine mehr oder weniger detaillierte Strategie, verändern Prozesse und qualifizieren ihre Mitarbeiter. Rund 77 Prozent informieren ihr Personal über die neuen Technologien, während Maßnahmen für die Mobilisierung der Mitarbeiter oder Umstrukturierungen von deutlich weniger Unternehmen durchgeführt werden. Aktives Technologie-Management ist insgesamt weniger wichtig als im Vorjahr, da die Portfolios der großen Cloud-Anbieter jetzt klarer strukturiert sind und sich viele Teilnehmer offenbar besser mit verschiedenen Produkten auskennen als noch vor 12 Monaten.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg von Unternehmen mit der Intensität korreliert, mit der Mitarbeiter informiert, mobilisiert und qualifiziert werden. Darüber hinaus gibt es einen Zusammenhang mit der Definition einer Strategie, der Veränderung von Prozessen, Umstrukturierungen und aktivem Technologie-Management. Erfolgreiche Unternehmen betreiben ihre intelligenten Systeme auch häufiger als andere selbst. Im Gegenzug schneiden sie generell bei der Digitalisierung und speziell bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder in anderen Branchen deutlich besser ab als andere Unternehmen.

Lesen Sie mehr zu diesem und anderen Themen in der IT-Trends-Studie 2020. Die interaktive Darstellung einzelner Ergebnisse mit individuellen Filtermöglichkeiten finden Sie hier.

Möchten Sie gern wissen, wie die IT Ihres Unternehmens technologisch und organisatorisch im Vergleich zu anderen aufgestellt ist? Nehmen Sie an der Studie 2021  im kommenden Herbst teil (Mail an it-trends@capgemini.com). Als Dankeschön erstellen wir Ihren persönlichen interaktiven Benchmark.

Blog-Updates per Mail?

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle zwei Monate eine Auswahl der besten Blogartikel.