Zum Inhalt gehen

Befinden wir uns in einer Kryptoblase oder setzt sich der Trend durch?

Ulrich Windheuser
13. Okt. 2021
capgemini-invent

Warum boomt der Kryptomarkt? [KURSTREIBER]

Seit einem Jahr erfahren wir eine regelrechte Kursexplosion der Kryptowährungen und Krypto-Assets. Somit stieg die Marktkapitalisierung der Krypto-Assets innerhalb eines Jahres um 1.000% an. Doch was steckt hinter dem Hype und befinden wir uns derzeit in einer Spekulations-Blase?

Die aktuelle Krypto-Marktkapitalisierung entspricht mit ~ 1,7 Billionen € ungefähr dem BIP von Italien. Doch ist diese Größenordnung gerechtfertigt? Mit Blick auf die abgewickelten Transaktionen mit Kryptowerten ergibt sich eine ernüchternde Perspektive, die täglichen Transaktionen liegen <50 Millionen [1]. Auch wenn innovative Altcoins, wie beispielsweise Solana, bis zu 50.000 Transaktionen in der Sekunde technisch ausführen können, werden diese technologischen Potenziale bei weitem nicht voll umfänglich genutzt.

Doch worauf sind die Kursgewinne zurückzuführen? Wir haben drei Beschleuniger identifiziert:

  • Inflation: Die expansive Geldpolitik der Zentralbanken während der Corona-Pandemie hat Misstrauen der Bevölkerung hervorgerufen. Aus Angst vor Inflation werden liquide Mittel in Sachwerte verlagert. Krypto-Assets fungieren dabei sowohl als Sachwerte als auch als Substitute zu Fiatwährungen.
  • Einstieg von Big Tech Playern: Der Einstieg von renommierten Unternehmen, unter anderem PayPal und Tesla, in Bitcoin und ausgewählte weitere Kryptowährungen, hat die Nachfrage erhöht und die Kurse somit zusätzlich beflügelt. Der Einstieg symbolisiert die tatsächliche Anwendbarkeit der Kryptowährungen.
  • Steigende Akzeptanz durch Sicherheit und Regulatorik: Die zunehmende regulatorische Erfassung des Marktes erschafft Sicherheit für Anleger und Vertrauen in die Dienstleister.

Mehrwert der Technologie durch breite Anwendungsbereiche [POTENZIALE]

Kryptowährungen, wie Bitcoin, locken durch ihr begrenztes Angebot und ihre Unabhängigkeit. Dem gegenüber stehen die Krypto-Assets, deren Mehrwert sich aus ihrem Nutzen ergibt. Krypto-Assets sind die Duplizierung realer Vermögenswerte im digitalen Raum, dafür werden Token verwendet, die als Behältnis fungieren. Die prominenteste Tokenart sind die Payment-Token, bei der die Zahlungsfunktion im Vordergrund steht. Utility-Token bieten Zugang zu Produkten oder Dienstleistungen innerhalb von Blockchain-Ökosystemen. Security-Token sind Investitionsvehikel und entsprechen demnach elektronischen Wertpapieren. Die zugrundeliegende Distributed Ledger Technologie ermöglicht jedoch ein noch breiteres Anwendungsspektrum, wie beispielsweise innerhalb Supply Chains, im Banking, im Internet-of-Things oder auch im Identitätsmanagement. [2] Investoren verstehen diese Potenziale zunehmend, dies ist durch die Ausbreitung der Altcoins, alle Kryptowerten neben dem Bitcoin, zu belegen, deren Anteile an der Krypto-Marktkapitalisierung sukzessiv zunehmen.

Welche wesentliche Herausforderungen stehen dem Kryptomarkt gegenüber? [ADAPTION]

Laut dem globalen Krypto-Adoption-Report von Chainalysis ist die globale Verwendung von Kryptowährungen seit Q3 2019 um 2.300% gestiegen. [3] Weiteres Potenzial könnte sich durch den Einstieg von institutionellen Investoren ergeben, die sich an der Seitenlinie positioniert haben. Dabei sind zwei Herausforderungen zentral. Einerseits muss die hohe Preis-Volatilität gemeistert werden und andererseits den Investoren ausreichend Sicherheit gewährleistet werden. Die Volatilität ist ein grundlegender Faktor des Kryptomarktes, diese wird erst abnehmen, sobald sich die Technologie flächendeckend etabliert hat. Bereits heute ist wahrzunehmen, dass das Handelsvolumen insbesondere bei Stable Coins, die eine geringere Volatilität aufweisen, verhältnismäßig hoch ist. Um Sicherheit bieten zu können ist die regulatorische Erschließung, insbesondere vor dem Hintergrund der Geldwäschebekämpfung und dem Anlegerschutz, unumgänglich. Die existierende und sich stark weiterentwickelnde Regulatorik zielt darauf ab, die Anonymität im Marktumfeld abzubauen. Transparenz wird durch Vorgaben für Dienstleister erreicht. Da Krypto-Transaktionen grundsätzlich als grenzübergreifend gelten, greifen strenge regulatorische Anforderungen, um den kriminellen Handel zu verhindern. Das Problem der gegenwärtigen Regulatorik-Initiativen liegt darin, dass es an internationaler Einheitlichkeit fehlt, sodass sich die Vorgaben zwischen den Ländern unterscheiden, welches massive Sicherheitslücken erzeugt. Hier gilt es sich einheitlichen Standards, wie der supranationalen Financial Action Task Force (FATF), anzupassen und internationale Bündnisse zwischen den Regulatoren zu bilden.

Befinden wir uns in einer Kryptoblase oder setzt sich der Trend durch?

Fazit: Befinden wir uns in einer Blase?

Das Momentum, welches sich um den Kryptomarkt gebildet hat, ist gewaltig und dennoch gibt es enorme Kurseinbrüche. Intraday Kurseinbrüche, die ~300 Mrd. € der Krypto-Marktkapitalisierung tilgen, beweisen dies eindrucksvoll. Die Volatilität wird dabei auch längerfristig bestehen bleiben, da zukünftig innovative Coins aufstreben und rückständigere Kryptowerte aus dem Markt verdrängt werden. Doch auch die Kritiker werden stiller, da die Potenziale zunehmend verstanden werden. Mit regulatorischen Initiativen auf nationaler und supranationaler Ebene wird das Vertrauen gestärkt und Investments in den Markt können leichter getätigt werden. Bereits heute bauen führende deutsche und europäische Schlüsselbanken neue Krypto-Dienstleistungen auf, etablieren strategische Allianzen und führen Akquisitionen durch, um den Zukunftsmarkt bedienen zu können. Wir erleben einen Umbruch, dessen Tragweite noch nicht voll umfänglich einschätzbar ist.

Als Experte für Krypto-Assets, Compliance und Geldwäsche berät der TechBerater und Senior Manager von Capgemini Invent Ulrich Windheuser bereits heute führende europäische Banken in Ihrem strategischen und operativen Krypto-Markteintritt sowie der technologischen Transformation.

„Hype oder Trend macht mittelfristig keinen Unterschied mehr, denn wegweisende Entscheidungen wurden bereits getroffen. Europäische Großbanken sind auf der Suche nach technologischen Antworten, um Ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können und nicht zuletzt kosten-intensive Infrastrukturen abzubauen und ihre Dienstleistungen zu verbessern. Big FinTechs und globale Regulierer arbeiten parallel an robusten und modernen Lösungen, um der Regulatorik entsprechen zu können. Doch die Regulatoren hinken den Neuentwicklungen hinterher, sodass Kryptodienstleister bereits, bevor sie gesetzlich dazu verpflichtet wurden, eigene Initiativen etablierten.“

Die Technologie bietet enorme Potenziale, die bei richtiger Implementierung und Integration wahrgenommen werden können. Bestehende Kryptowährungen sind kritisch zu beurteilen, sollte es mittelfristig nicht möglich sein die Volatilität, die regulatorische Intransparenz und den enormen Energiebedarf zu lösen. Stable Coins mit hinterlegten Vermögenswerten bieten dabei vielversprechende Alternativen sich als moderne digitale Payment Lösung zu etablieren. Festzuhalten ist, dass die Adoption der Technologie weiter voranschreitet, sodass die Kurse durchaus weiteres Potenzial erfahren können. Spannend vor diesem Zusammenhang, ist die zukünftige Einführung von CBDC, als öffentliche Alternativen. Zusätzlich bieten Krypto-Assets weiteres Potenzial, welches sich aus der Transferierung von klassischen Wertpapieren auf die Blockchain ergeben kann. Es sollte nicht von einer Blase gesprochen werden, da dies suggeriert, dass ein Platzen unumgänglich sei. Es handelt sich stattdessen um einen Markt der rasant wächst.

Vielen Dank an den Co-Author Niels op den camp.

References

[1] Berücksichtigung einer Teilmenge relevanter Kryptowährungen, da ein Gesamtüberblick aller Transaktionen zum derzeitigen Stand weder verfügbar noch möglich ist.

[2] Casey et al. (2018), S. 51 ff. Casey, M. / Crane, J. / Gensler, G. / Johnson, S. / Narula, N. (2018): The impact of blockchain technology on finance – A catalyst for change, London.

[3] Chainalysis (2021): 2021 Chainalysis Global Crypto Adoption Index, URL: https://blog.chainalysis.com/reports/2021-global-crypto-adoption-index, [Stand: 20.09.2021].

Blog-Updates per Mail?

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie alle zwei Monate eine Auswahl der besten Blogartikel.

Autor

Ulrich Windheuser

Vice President | Head of Enterprise, Data & Analytics, Capgemini Invent
Ulrich Windheuser hat mehr als 25 Jahre Erfahrung in Banking. Funktional haben ihn stets die Herausforderungen der Finance/Risk-Integration getrieben, insbesondere forderten ihn das Schaffen einer einheitlichen Datenplattform mit hoher Datenqualität heraus. Auf dieser Basis freut er sich auf die neuen, darüber hinausgehenden Herausforderungen, um Banken zu mehr datengetriebenen Geschäftsmodellen zu verhelfen. Aktuell leitet er in Deutschland die Capability Unit Enterprise, Data & Analytics. Er hat an der Mercator Universität Duisburg Mathematik studiert und an der Universität Kaiserslautern in Technomathematik promoviert.

    Weitere Blogposts

    Daten & Künstliche Intelligenz, Finance, Sustainability

    Einführung des ISSB-Standards – für europäische Unternehmen kein Grund zur Sorge

    Marco Meyer
    11. Mai 2023