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Inventive FRC – Strategische Auswirkungen von Nachhaltigkeit auf die Finanzfunktion in der Finanzbranche

Capgemini Invent
05. Aug. 2021
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Der CFO spielt eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Unternehmensführung

Nachhaltigkeit ist eine essenzielle gesellschaftliche Herausforderung, die uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Der Finanzbranche kommt hierbei eine zentrale Rolle zu. Schließlich sind es Finanzinstitute, die maßgeblich die Verteilung monetärer Ressourcen mitbestimmen und somit die Struktur unserer Wirtschaft mitgestalten. Um am Markt bestehen und glaubwürdig auftreten zu können, ist es dabei nicht ausreichend, nur auf der Investmentseite nachhaltig zu denken. Auch in den eigenen Strukturen muss Nachhaltigkeit verankert und gelebt werden. Dies haben auch die nationalen und internationalen Gesetzgeber erkannt, was sich durch zusätzliche regulatorische Anforderungen ausdrückt (Details in unserem PoV Sustainable Banking). Im Zuge dessen sind CFOs durch ihre internen und externen Stakeholder gefordert, proaktiv den Wandel zu einem nachhaltigen Finanzinstitut mitzugestalten und das Fundament für die Transformation des gesamten Instituts zu legen.

„Der Finanzsektor mit seinen umfangreichen Ressourcen […] muss im Zentrum des Kampfes gegen die Klimakatastrophe stehen.“

Michael Corbat, CEO Citigroup

Nachhaltigkeit ist im Kern des Operating Models des CFOs zu integrieren

Um ein Finanzinstitut nachhaltig zu führen, sind nicht nur die durch ein Finanzinstitut selbst emittierten Emissionen zu betrachten. Es ist auch der holistische Impact der unternehmerischen Tätigkeit auf externe Stakeholder wie Kunden, Geschäftspartner und die Gesellschaft im Allgemeinen kontinuierlich zu analysieren. Um dies zu ermöglichen, sind CFOs besonders gefordert.

Konkret ist zunächst zu definieren, was Nachhaltigkeit für ein Finanzinstitut im Rahmen ihrer Strategie bedeutet. Typischerweise umfasst Nachhaltigkeit Auswirkungen auf die Umwelt, soziale Aspekte, und die interne Governance (Environmental, Social, Governance = ESG). Diese Aspekte sollten in die Nachhaltigkeitsstrategie eines Finanzinstituts einfließen.

Um die Nachhaltigkeitsleistung eines Finanzinstituts kontinuierlich messen zu können, müssen durch die Finanzabteilung aussagekräftige KPIs konzipiert und aufbereitet werden. Ziel ist es, die benötigten Informationen analog der Finanzkennzahlen automatisiert, basierend auf einer adäquaten Datenbasis, herleiten zu können. Die so ermittelten Informationen werden für die interne Steuerung genutzt und fließen in das externe Reporting eines Finanzinstituts ein.

Um ein aussagekräftiges Reporting der Nachhaltigkeit eines Finanzinstituts zu ermöglichen, müssen zudem die bestehenden Steuerungs- und Reportingstrukturen sowie -prozesse kritisch gewürdigt und bei Bedarf angepasst werden. So kann der ESG-Impact beispielsweise quantitativ in Diskontfaktoren eingerechnet werden, die wiederum zur Bewertung von Projekten und des Unternehmenserfolgs herangezogen werden. Darüber hinaus ist eine unterstützende IT-Landschaft zu implementieren. Dies kann durch die Einführung von spezifischen, kleineren Nachhaltigkeitslösungen oder durch die Integration von Nachhaltigkeitsinformationen in existierende (ERP-) Systeme erfolgen.

Ein optimiertes Finance Operating Model ist notwendig, um eine nachhaltige Unternehmensführung effektiv voranzutreiben

Der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in Finanzinstituten umfasst alle Unternehmensbereiche. Umso wichtiger ist es für CFOs, nicht nur oberflächliche Änderungen in einzelnen Prozessen vorzunehmen, um die Nachhaltigkeitsagenda umzusetzen und voranzutreiben. Stattdessen sind sie dazu angehalten, ein Target Operating Model (TOM) zu entwickeln und zu implementieren, bei welchem Nachhaltigkeit im Kern integriert ist.

Abbildung 1: Capgemini Invents Building Blocks für TOMs

Das interne Reporting unterstützt die Umsetzung der Nachhaltigkeitstransformation

Nachhaltigkeitsziele messbar machen

Eine nachhaltige Entwicklung wird unterstützt, indem sie in den Zielen und internen Management Reports der Finanzfunktion verankert wird. Durch die Definition von messbaren Einheiten, werden strategisch langfristige Ziele nachvollziehbar und greifbar. Grundvoraussetzung für regelmäßige Analysen ist eine gepflegte Datenbasis zur Berechnung der strategischen Nachhaltigkeits-KPIs. Um erfolgreich zu sein, sind Finanzinstitute dazu aufgefordert, frühzeitig eine lückenlose Datenversorgung sicherstellen. In einem parallelen Ansatz müssen bereits existierende Informationen vorzeitig genutzt und aufbereitet werden. Zeitgleich muss die Datenbasis sukzessive erweitert werden. Die Verankerung von Nachhaltigkeitszielen im existierenden Controlling und Management Reporting unterstützt das Management, effiziente Steuerungsimpulse zu setzen und die Zielerreichung voranzutreiben.

Nachhaltigkeits-KPIs als wichtiger Erfolgsfaktor

In Ergänzung an gängige Nachhaltigkeits-KPIs wie Energieverbrauch und CO2-Ausstoß empfehlen wir die Messung branchenspezifischer KPIs. Beispiele sind Emissionen durch Geschäftsreisen von Kundenberatern, Emissionen durch die Förderung und Verwendung bestimmter Rohstoffe oder die Abfallerzeugung, beispielsweise durch Einwegplastik. Viele Finanzinstitute streben an, ein Net Zero Unternehmen zu werden. Das bedeutet, dass alle direkten („Scope 1“) und indirekten („Scope 2“) Emissionen sowie weitere indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette („Scope 3“) in die Berechnung des CO2-Ausstoßes mit einbezogen werden müssen. Internationale Finanzinstitute sind daher im April 2021 der Net Zero Banking Alliance (NZBA) beigetreten, mit dem Ziel Ihre CO2-Emissionen bis spätestens 2050 auf netto Null zu reduzieren.

KPIs wie Papierverbrauch können zur effektiven Fortschrittsmessung unternehmensweiter Digitalisierungsmaßnahmen verwendet werden. Erfolgreiche Nachhaltigkeits-KPIs sind wissenschaftsbasiert und ermöglichen eine Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen durch die Einhaltung branchenweiter Standards.

Neben der Erreichung der eigenen Ziele müssen Finanzinstitute ihr Portfolio in Bezug auf Nachhaltigkeit analysieren. Erfolgreiche Finanzinstitute unterstützen ihre Kunden aktiv dabei, nachhaltiger zu werden und investieren bevorzugt in klimaneutrale Projekte. Bei Immobilieninvestitionen analysieren sie unter anderem den CO2-Fußabdruck des Bauprojekts, die Verwendung nachhaltiger Baustoffe sowie den netto Energieverbrauch des Gebäudes. Dies hat enorme Strahlkraft auf den Markt und trägt maßgeblich zu einer positiven Kundenwahrnehmung bei.

Umsetzung von Nachhaltigkeit in der IT als weiterer Erfolgsfaktor

Die Transformation der bestehenden IT hin zu einer nachhaltig aufgestellten Technologie, mit zum Beispiel mehr Cloudlösungen und weniger On-Premises Lösungen, bietet einem Finanzinstitut große Vorteile. Zum einen verursacht die IT selbst eine erhebliche Umweltbelastung durch hohen Energieverbrauch, zum anderen kann eine nachhaltige IT aktiv die Kosten senken und gleichzeitig das Markenimage positiv beeinflussen. Nach einer aktuellen Capgemini Studie[1] kennen nur 43% der Führungskräfte den CO2-Fußabdruck ihrer Unternehmens-IT und nur 18% haben eine umfassende Strategie mit klar definierten Zielen und Zeitvorgaben definiert.

Die Entwicklung einer Strategie für eine nachhaltige IT, die im Einklang mit der übergeordneten Nachhaltigkeitsstrategie der Organisation steht, muss im Fokus der Finanzinstitute stehen. Dabei muss die IT-Architektur im Zusammenspiel mit einer Neuetablierung von Governance-Prozessen auf dem Prüfstand stehen.

Nachhaltigkeit als Erfolgstreiber der Zukunft

Der Wandel der Finanzbranche hin zu mehr Nachhaltigkeit ist essenziell und unumgänglich. Wenn Nachhaltigkeit nicht im Kern integriert ist, strategisch wie operationell, läuft das Finanzinstitut unmittelbar Gefahr an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Der Kunde, die Mitarbeiter und nicht zuletzt die Gesellschaft haben hier eine hohe Erwartungshaltung.

Eine integrierte Nachhaltigkeitsstrategie bietet ein hohes Maß an Nutzen. Kostenvorteile wie auch eine Verbesserung des Markenimages können einem Finanzinstitut neue Entwicklungsfelder eröffnen und die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken.

Vielen Dank an die Co-Autoren Tobias Wagenknecht, Moritz Henkel, Özgür Türkmen, Sarah Hörner und Arlo Krämer.

Mehr Informationen finden Sie hier: Future of Finance.


[1] Capgemini Research Institute, Sustainable IT survey, Dez. 2020-Jan. 2021, N=1.000 Unternehmen

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