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Flexibilität und Effizienz im Fokus: Das Dynamische Beschaffungssystem

Dominik Knotte
24.01.2024
capgemini-invent

Ein Dynamisches Beschaffungssystem bietet öffentlichen Auftraggebern wesentliche Vorteile wie Flexibilität und Adaptabilität bei wiederkehrenden Beschaffungen von standardisierten, marktgängigen Materialien und IT-Dienstleistungen. Die Möglichkeit jederzeit weitere Bieter in den Bieterpool aufzunehmen und stetig neue Miniwettbewerbe durchzuführen, ermöglicht schnellere Durchlaufzeiten und eine effektivere Vergabepraxis, was zu einer insgesamt gesteigerten Effizienz bei öffentlichen Beschaffungen führt.

Öffentliche Auftraggeber stehen bei anstehenden Beschaffungen vor der Herausforderung, das optimale Vergabeverfahren für verschiedene Beschaffungsvorgänge einzusetzen (so zum Beispiel bei Unternehmen aus der Energieversorgung, der Wasserwirtschaft, dem Verkehr, bei Postdiensten, im Gesundheitswesen, bei Bundes- und Landesbehörden und zum Teil bei Landesbanken). Die Nutzung unpassender Vergabeverfahren wirkt sich negativ auf Kosten, Effektivität und Effizienz aus.

Zu den gängigen Vergabeverfahren im öffentlichen Sektor gehört das Offene Verfahren, das Nicht Offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren, der Wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft. Innerhalb dieser Vergabeverfahren können als „besondere Methoden und Instrumente“ beispielsweise auch Rahmenvereinbarungen, Auktionen und seit 2016 auch das Dynamische Beschaffungssystem (DBS) als Instrument innerhalb der gängigen Vergabeverfahren genutzt werden.

Viele der zumeist genutzten Vergabearten zeichnen sich vor allem durch Starrheit und Langwierigkeit aus, da bereits vor Veröffentlichung einer Vergabe der Vergabegegenstand vollständig beschrieben sein muss. Das Dynamische Beschaffungssystem (DBS) schafft als deutlich flexiblere Variante Abhilfe.

Das DBS ist ein zweistufiges Verfahren, bei welchem zu Beginn ein dauerhaft offenes Teilnahmeverfahren durchgeführt wird, wobei die Anzahl an Bietern unbegrenzt ist und Lieferanten während der gesamten Laufzeit des DBS Anträge auf Teilnahme stellen können. Der Auftraggeber bestimmt die Eignungskriterien, definiert die Art und schätzt die Menge der zu beschaffenden Leistungen. Lieferanten, die erfolgreich die Eignungskriterien bestehen, werden zu einem Bieterpool zugelassen. Im Anschluss werden die Bieter im Bieterpool gesondert zur Angebotsabgabe im Rahmen von Miniwettbewerben aufgefordert.

Allerdings wird das DBS bis heute nicht ausreichend genutzt. Dies mag zum einen daran liegen, dass Auftraggeber die Existenz des Verfahrens nicht kennen, zum anderen daran, dass in Beschaffungsabteilungen Unsicherheit über die korrekte Nutzung des DBS und die rechtlichen Rahmenbedingungen bestehen.

Nachfolgend wird darauf eingegangen, WANN das Dynamische Beschaffungssystem (DBS) eingesetzt werden sollte, WAS die internen Voraussetzungen sind und WER es umsetzt:

WANN solltedas DBS genutzt werden:

Das DBS eignet sich in erster Linie bei wiederkehrenden Beschaffungsvorgängen für Material und Dienstleistungen mit hoher Standardisierung, Verfügbarkeit und Marktgängigkeit wie z. B. IT-Dienstleistungen. Eine der wichtigsten Fragen lautet deshalb, was genau Gegenstand der Vergabe ist und ob dieser wiederkehrend und marktüblich ist. Marktüblichkeit kann vorausgesetzt werden, wenn die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des Auftraggebers genügen. Wiederkehrend bedeutet, dass die Leistung über einen definierten Zeitraum in ähnlicher Art wiederkehrend benötigt wird. Um die Marktüblichkeit zu bestimmen kann beispielsweise eine Markterkundung durchgeführt werden, in welcher anhand der Rückmeldung potenzieller Lieferanten die Marktüblichkeit beurteilt werden kann.

Für den Fall, dass die zu beschaffende Leistung diese Anforderungen erfüllt, kann das DBS angewendet werden. Zusammengefasst:

  • für marktübliche Leistungen (wird bereits vielfach auf dem Markt angeboten)
  • für wiederkehrende Bedarfe (z.B. mehrfach im Monat oder Jahr)

Das DBS kann genutzt werden, um eine Vielzahl von vertraglichen Konstrukten zu ermöglichen. Hierzu zählen zum Beispiel T&M (Time and Material)-Dienstverträge, Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassungen. Neben der Beschaffung von physischen Produkten können insbesondere auch IT-Dienstleistungen beschafft werden, welche die Analyse, Planung, Konzeptionierung, Realisierung, das Testmanagement, die Pflege, Wartung, Betrieb und Support umfassen können.

Wenn das DBS geeignet erscheint, stellt sich die Frage: WAS sind die internen Voraussetzungen zur Nutzung des DBS im Einkauf?
Hierbei ist kritisch zu analysieren, ob die zuständigen Einkäufer in der Lage sind das Verfahren durchzuführen (z.B. prozessual und systemisch). Da das DBS ausschließlich mithilfe elektronischer Mittel durchgeführt wird, müssen beim Auftraggeber beziehungsweise bei der zuständigen Vergabestelle die technischen Voraussetzungen gegeben sein, um den Betrieb einer geeigneten Vergabesoftware sicherzustellen. Auch müssen die entsprechenden Mitarbeiter geschult und warengruppenspezifisches Wissen zum Beschaffungsgegenstand vorhanden sein.

Die Fähigkeiten sollten dabei folgende Aspekte umfassen:

  • Betrieb geeigneter Vergabesoftware
  • Markt- und Produktwissen (z.B. Kenntnisse Warengruppe IT)
  • Ablauf und Rahmenbedingungen zum DBS
  • Rechtliche Expertise (z.B. GWB, VgV, EU-Recht)

Mit der WER-Frage muss beantwortet werden, ob der Einkauf die Markterkundung und das DBS allein oder mit externer Begleitung durchführen möchte. Diese Frage ist eng gekoppelt an die spezifische Ausgangssituation, Ressourcen und Fähigkeiten beim Auftraggeber.

Wenn unternehmensintern nicht ausreichend Erfahrung vorhanden sein sollte, können externes Know-how und Ressourcen herangezogen werden. Capgemini Invent unterstützt Kunden bei der vollständigen Einführung, der Befähigung oder auch nur bei Teilaspekten des DBS. Für den langfristigen Erfolg empfehlen wir die ganzheitliche Befähigung des Kunden, um selbstständig alle Aktivitäten durchzuführen.

Große Vorteile für den Auftraggeber ergeben sich beim DBS daraus, dass bei initialer Veröffentlichung das Ziel des Vergabegegenstands (z.B. bei IT-Entwicklungen) nicht endgültig bestimmt sein muss. Nur innerhalb der Miniwettbewerbe muss der Auftraggeber das Ziel der Ausschreibung kennen und Vergabeunterlagen erstellen. Das DBS hat eine kürzere Durchlaufzeit gegenüber alternativen Vergabeverfahren, da die Angebotsfrist nur mindestens 10 Tage beträgt. Auch die Anzahl durchzuführender Miniwettbewerbe ist nicht begrenzt. Weiterhin können interessierte Lieferanten und neue innovative Player am Markt, wie zum Beispiel aus dem Bereich GenAI, während der gesamten Laufzeit Anträge auf Teilnahme am DBS stellen. Damit können neben dauerhaftem Wettbewerb auch innovative Lösungen für Auftraggeber sichergestellt werden. Zusammenfassend ergibt sich für Auftraggeber eine Erhöhung der Effektivität und Effizienz und damit eine kürzere Durchlaufzeit bei Vergaben in der Beschaffung.

Vielen Dank an meine Co-Autoren Paul Fischer und Christopher Brendtner.

Unser Experte

Dominik Knotte

Senior Manager | Intelligent Industry, Capgemini Invent Germany
Ich bin Einkaufsexperte in den Themenfeldern Procurement Strategy, Procurement Operating Model Design, Source-to-Pay Prozessoptimierung, Supplier Management und Sustainable Procurement und habe Projekterfahrung in verschiedenen Industrien wie z. B. Manufacturing, Automotive, Financial Services, Telco und Public.

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