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Wunderwaffe Wasserstoff – Ein Blick auf Wertschöpfungskette und Ökosystem

Capgemini Invent
15. März 2021
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Kernaussagen:

  • Wasserstoff manifestiert als zentraler Hebel der Energiewende
  • Vielfältige Anwendungsfelder in Versorgung, Mobilität und Verkehr sowie in der Industrie
  • Wasserstoffstrategie ist von verschiedenen Parteien zu operationalisieren

Wasserstoff auf dem Vormarsch in Deutschland und Europa

Die deutsche Bundesregierung hat im Juni 2020 eine nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet und sich damit klar zu dessen Potenzial als Schlüsseltechnologie der Energiewende bekannt. Mit dieser verfolgt Deutschland das Ziel den Markthochlauf von Wasserstoffanwendungen durch eine lokale Wertschöpfungskette zu forcieren. Bis 2023 stehen mehr als 9 Mrd. Euro Fördergelder für Projekte und Initiativen im Zusammenhang mit Wasserstoff zur Verfügung [1]. Unterstützt wird das politische Engagement von führenden Experten aus Wissenschaft und Industrie sowie der Endkundenperspektive. Deutschland soll damit eine internationale Vorreiterrolle beim Thema Wasserstoff einnehmen und zudem entsprechende Exporte in andere Länder ermöglichen.

Konkret ergeben sich hierdurch speziell für den Industriestandort Deutschland aber auch auf Ebene der Europäischen Union ehrgeizige Ziele und vielversprechende Potenziale [1]:

  1. Beitrag zur Erreichung der Klimaziele (570 Mt CO2-Einsparung in EU bis 2030)
  2. Wirtschaftliches Wachstum (340 Mrd. Euro Jahresumsatz in EU bis 2030)
  3. Schaffung neuer Arbeitsplätze (5,9 Mio. Arbeitsplätze in EU bis 2030)

Die Wasserstoff-Wertschöpfungskette: Erzeugung, Verteilung und Nutzung

Die Herstellung von Wasserstoff geschieht entweder mittels Elektrolyse durch den Einsatz von erneuerbaren Energien („grüner Wasserstoff“) oder durch die Nutzung von Kernenergie („roter Wasserstoff“). Weitere Formen zur Gewinnung von Wasserstoff werden im weiteren Sinne als „grauer Wasserstoff“ zusammengefasst und basieren auf Dampfreformierung durch den Einsatz fossiler Energieträger wie z.B. Erdgas.

Wertschöpfungskette von Wasserstoff in drei Stufen_Capgemini Invent
Abbildung 1: Wertschöpfungskette von Wasserstoff in drei Stufen

Zur Verteilung des gewonnenen Wasserstoffs am jeweiligen Einsatzort unterscheidet man grundsätzlich zwischen dem Transport mit speziell ausgerüsteten Fahrzeugen (LKW, Schiff) und dem Transport mittels einer Netzinfrastruktur (Gasleitungen). In beiden Fällen wird der Wasserstoff hierdurch an den Einsatzort transportiert und dort bis zur Verwendung in (Groß-)Speichern z.B. für den Einsatz in der Industrie bzw. zur Wärmenutzung oder speziellen Wasserstoff-Tankstellen gelagert.

Am Ende der Wertschöpfungskette steht die Nutzung, wobei sich die vielfältigen Anwendungsbereiche von Wasserstoff in mindestens drei Bereiche einteilen:

  • Versorgung (z.B. als Brennstoff zur Erzeugung von Wärme und Strom)
  • Industrie (z.B. als Brennstoff in Stahlproduktion, Baugewerbe, Zementherstellung)
  • Mobilität (z.B. als Kraftstoff in Brennstoffzellen für PKW, LKW, Zug)

Das Wasserstoff-Ökosystem – eine Vielzahl von unterschiedlichen Akteuren

Bei der Umsetzung von Wasserstoff-Projekten sind aufgrund der Komplexität typischerweise eine Vielzahl von unterschiedlichen Parteien beteiligt, die sich meist zu Konsortien zusammenschließen. Neben der Politik spielen vor allem Wirtschaft und Forschung eine bedeutende Rolle. Daneben gilt die Akzeptanz in der Bevölkerung als entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von Wasserstoff-Initiativen. Abbildung 2 zeigt die verschiedenen Akteure des Ökosystems, aus denen sich beispielhafte Konsortien zusammenschließen.

Akteure im Wasserstoff-Ökosystem_Capgemini Invent
Abbildung 2: Akteure im Wasserstoff-Ökosystem

So haben die Stadt Hamburg und das Bundesland Schleswig-Holstein den Aufbau einer großangelegten Elektrolyseanlage im Hamburger Hafen mitgestaltet, um so ansässigen Industrieunternehmen Zugang zu grünem Wasserstoff zu ermöglichen [2]. Umsetzungspartner sind wiederum der niederländische Mineralölkonzern Shell, der schwedische Energieversorger Vattenfall, der japanische Maschinenbauer Mitsubishi Heavy Industries und das städtische Unternehmen „Wärme Hamburg“.

Risiken und Chancen für den Marktdurchbruch

Neben dem enormen Potenzial gibt es auch eine Reihe von Kritikpunkte, welche an der begrenzten Wettbewerbsfähigkeit der Wasserstoff-Technologie zum heutigen Zeitpunkt ansetzen:

  • Geringer Wirkungsgrad entlang der Wertschöpfungskette
  • Hohe CO2-Emissionen durch energieintensive Herstellung, Transport und Lagerung
  • Hohe Kosten gegenüber Alternativtechnologien, insb. durch Elektrolyse
  • Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung
  • Fehlende technologische und regulatorische Marktreife

Die Ergebnisse jüngster Studien und Forschungsprojekte zeigen jedoch, dass sich die Technologie vor allem im Hinblick auf Kosten (u.a. mit steigender CO2-Bepreisung) und Wirkungsgrade stetig verbessert [1, 3]. Zusätzlich ermöglicht der verstärkte Einsatz von regenerativen Energien wie Windenergie die klimaneutrale Nutzung von Wasserstoff. Mittelfristig werden diese Entwicklungen – allen voran sinkende Kosten und damit steigende Wirtschaftlichkeit – eine zunehmende Marktdurchdringung mit sich bringen.

Capgemini Blogserie: „Perspektivwechsel im Wasserstoff-Ökosystem“

In den kommenden Wochen analysieren wir die Endkundensicht und Akzeptanz gegenüber Wasserstoff in der allgemeinen Bevölkerung. Darüber hinaus beleuchten wir das Thema Wasserstoff aus dem Blickwinkel der Industrie und konzentrieren uns schließlich auf die Chancen und Herausforderungen dieses nachhaltigen Energieträgers für Städte und Kommunen.

Vielen Dank an die Co-Autoren Manuel Wiener, Alexander Kahlert und Jakobus Lang.

Wir von Capgemini Invent helfen Unternehmen sich im Thema Wasserstoff zurechtzufinden und strategisch im Wettbewerbsumfeld zu positionieren. Dies umfasst für uns sowohl die Strategiedefinition und Konzeption (z.B. Ableitung neuer Geschäftsmodelle) als auch die operative Projektumsetzung. Für Details und Fragen rund um das Thema Wasserstoff kontaktieren Sie unseren Experten Dr. Tim Wenzel.

[1] Capgemini Report „Fit-for-net-zero”, 2020, [2] FAZ, 2019, [3] Technische Universität München, 2020

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