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Gestärkt aus der aktuellen Krise – nutzen Sie Distributed Agile Methoden langfristig und optimieren Sie Ihre Zusammenarbeit

Thomas Zeimentz
18. Mai 2020
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Die Corona Krise verändert die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, maßgeblich. Während vor der Krise überwiegend on-site zusammengearbeitet wurde, forderten Politiker und Wissenschaftler ein radikales Umdenken: weg vom gewohnten Arbeitsplatz – hin zum heimischen Digital Workplace. Entscheidend für den Erfolg jedes Unternehmens ist nun auch, wie es den Mitarbeiter gelingt, trotz verteilter (distributed) Home-Office Arbeitsplätze langfristig möglichst agil zu arbeiten.

Agile Herausforderungen in der aktuellen Krise

Die Umstellung auf virtuelle Meetings stellt viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Das agile Modell ist davon besonders betroffen, da es in regelmäßigen Abständen Steuerungstermine wie eine Retrospektive (vgl. Scrum) oder ein PI Planning (vgl. SAFe) vorsieht, die i.d.R. physisch stattfinden. Gemeinsame, physische Meetings, vor allem in dem großen Rahmen eines PI Plannings oder einer Systems Demo sind jedoch so nicht mehr möglich. Viele Unternehmen und auch wir suchen nach Alternativen, um die Termine angemessen mit Kollaborationstools umzusetzen. Zwar bieten Tools wie Microsoft Teams die technischen Voraussetzungen für große Meetings, jedoch zeigt die Praxis, dass die Effektivität der Meetings unter den eingeschränkten Interaktionsmöglichkeiten leidet. Es stellt sich also die Frage, wie die Zusammenarbeit in einem agilen Team und auch die Koordination mehrerer agiler Teams weiterhin effektiv stattfinden kann.

Was sind eigentlich Distributed Agile Teams?

Distributed Agile Teams sind nicht erst durch die Corona Krise entstanden, sondern existieren, seitdem über räumliche Distanzen hinweg agil interagiert wird. Charakteristisch sind Teams aus Mitarbeitern unterschiedlicher Standorte, die über eine Remotedesktop-Verbindung nach agilen Prinzipien zusammenarbeiten. Dies geschieht überwiegend aufgrund mangelnder Kompetenzen am zentralen Standort oder zur Kostensenkung (weitere Gründe vgl. Industry and Agile: How to do both?). Nun zeigt die Pandemie, dass jederzeit ein externer Faktor das agile Betriebsmodell gefährden kann und daher verteilte Arbeitsmethoden immer wichtiger werden.

Diese Maßnahmen können kurzfristig helfen

Für den Anfang haben wir die wichtigsten Empfehlungen als Checkliste zusammengefasst, damit Sie auch kurzfristig auf die beschlossenen Maßnahmen erfolgreich reagieren können:

  • Remote-Prinzipien werden gelebt, z.B. video first
  • Soziale Interaktion findet statt, z.B. virtual coffee breaks
  • Agile Zeremonien werden strukturiert und ergebnisorientiert durchgeführt
  • Kollaborationstools werden für eine verteilte Kommunikation verwendet, z.B. MS Teams
  • Projektmanagement Tools unterstützen den Einsatz agiler Methoden, z.B. backlog in Jira
  • Business-kritische Mitarbeiter wurden identifiziert und werden vermehrt lokal eingesetzt
  • Große Termine werden mit kleinen lokalen Teams sowie Zuschaltungen effektiver gesteuert
  • Regeltermine werden für eine regelmäßige Kommunikation eingesetzt, z.B. virtual daily

Erste Erfahrungen zeigen, dass die neue Remote-Kultur zu positiven Nebeneffekten u.a. in zwischenmenschlichen Beziehungen führen kann. So schaffen Videokonferenzen ein gesteigertes Gefühl von Nähe, da sie einen Einblick in das persönliche Leben gewähren. Zudem kann die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes oder ein plötzlich in die Kamera laufendes Kind die Arbeitsatmosphäre unter Kollegen auflockern.

Langfristig empfehlen wir ein individuelles Distributed Agile Model

Für den langfristigen Erfolg reichen diese Maßnahmen nicht – es ist dringend zu empfehlen, ein Rollenmodell über die eingesetzten Rollen (on- bzw. off-site) zu entwerfen. Bei der Ausgestaltung sollten die aufkommenden Kosten u.a. durch Koordination und Reisen mit dem Vorteil direkter Kommunikation abgewogen werden. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass es bestimmte Schlüsselrollen gibt, die erfolgskritisch für ein Distributed Agile Modell sind. On-site sind diese insbesondere strategische Rollen (z.B. Enterprise Architekt), um die Zusammenarbeit des gesamten Ökosystems sicherzustellen. Auf Remote-Seite empfehlen wir technische Rollen (z.B. Entwickler), da sie kostengünstig durch near- oder offshore-Ressourcen besetzt werden können. Die konkrete Ausgestaltung muss jedoch individuell geprüft werden und an das jeweilige Unternehmen angepasst werden. Im folgenden Modell kann ein Unternehmen mit dem Ziel der Kostensenkung beispielsweise auf ein hybrides Modell setzen, da der Einsatz von Schnittstellenrollen die Gesamtreisekosten reduzieren kann.

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Abbildung 1: Verteilte Rollenmodelle auf der Basis des SAFe Frameworks

Herausforderungen bei der Umstellung auf Distributed Agile

Bei der Ausgestaltung eines Rollenmodells gibt es weitere Dimensionen zu beachten. Für eine erfolgreiche Umstellung auf Distributed Agile müssen diese im Hinblick auf Kosten bzw. Nutzen geprüft werden, um die Frage zu beantworten, ob verteiltes Arbeiten im eigenen Unternehmen funktionieren kann:

  • Organisation: Welche zusätzlichen organisatorischen Maßnahmen müssen für eine reibungslose Zusammenarbeit getroffen werden?
  • Kommunikation: Wird trotz Umstellung noch regelmäßig miteinander kommuniziert oder gibt es die Gefahr einer Blackbox?
  • Technik: Verfügen alle Mitarbeiter über die notwendige Hardware sowie Software, um ein reibungslosen Arbeitsalltag zu gewährleisten?
  • Wissensaustausch: Kann Wissen effektiv geteilt werden, ohne dass Mitarbeiter benachteiligt werden oder Arbeit doppelt gemacht wird?
  • Kultur: Können kulturelle Unterschiede Auswirkungen auf das Projekt haben?
  • Zeitverschiebung: Gibt es ausreichend Zeiträume zur gemeinsamen Abstimmung?

Wie wir Ihnen helfen können

Sobald die kurzfristigen Maßnahmen etabliert sind, kann ein Distributed Agile Modell in Betracht gezogen werden. Hierfür haben wir in einem anderen Artikel 6 Empfehlungen definiert, damit Ihr Distributed Agile Team sowohl in Corona Zeiten als auch auf lange Frist erfolgreich zusammenarbeitet. Gerne diskutiere ich mit Ihnen, wie Sie das richtige verteilt-agile Betriebsmodell definieren und lege den Grundstein für eine erfolgreiche agile Transformation. Ich freue mich auf die Gespräche.

Vielen Dank an die Co-Autoren Vitalij Smoljaninov und Hendrik Heiler für die Inputs und die Zusammenarbeit an diesem Beitrag.

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Autor

Thomas Zeimentz

Head of Agile@Scale
Mit meinem Team gestalte ich moderne, zukunftsfähige IT-Organisationen, die den enorm gewachsenen Anforderungen nach Anpassungsfähigkeit, Liefergeschwindigkeit und Qualität gerecht werden. Agile Methoden sind dabei essentielle Enabler neben der notwendigen Produkt- und Service-Orientierung. Neben meinen Kundenprojekten bin ich Teil des globalen Trainerteams der Capgemini University und arbeite dort intensiv als University Qualified Facilitator in der Fortbildung unserer Berater.

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