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Customer First: Wie Unternehmen sich neu erfinden, um mit ihren Kund*innen digital zu interagieren

Miriam Estrada
19. Mai 2021

In unserem Whitepaper „Das digitale Patienten-Ökosystem“ haben wir bereits über die Bedeutung von Personalisierung und der daraus resultierenden Stellung digitaler Tools im Pharma- und HealthCare-Bereich gesprochen.

Kund*innen wollen heutzutage  immer mehr in die Entscheidungen zu ihrer Behandlung einbezogen werden – sie fordern mehr Informationen von ihren Gesundheitsdienstleistern und bestehen auf Personalisierung, wenn es um die Diskussion von Behandlungsoptionen geht. Selbst in der stark regulierten pharmazeutischen Industrie ist eine radikale Verschiebung des traditionellen Verhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage von Medikamenten zu beobachten, die Covid-19-Impfstoffe sind das beste Beispiel. Noch nie haben wir beobachtet, dass sich Patient*innen für einen bestimmten Impfstoffhersteller interessieren, geschweige denn ihn einem anderen explizit vorziehen. Oder haben Sie bei ihrer letzten Grippe-Impfung gefragt, wer dessen Hersteller ist? Ich auch nicht.

Die Fülle an Informationen (und Fehlinformationen) veranlasst Unternehmen dazu, die Art und Weise zu überdenken, wie sie mit ihren Kund*innen und Patient*innen umgehen. Die Notwendigkeit einer verbesserten Kundenzentrierung hat dazu geführt, dass Pharmaunternehmen mehr Zeit darauf verwenden müssen, die Herausforderungen, Bedürfnisse und Prioritäten ihrer Kund*innen zu untersuchen und zu verstehen. Dies kann durch den Ausbau von Multi-Channel-Kommunikation (sowohl persönlich als auch digital) sowie durch verbesserte datengetriebene Entscheidungen erreicht werden, die dazu beitragen, die Kund*in in den Mittelpunkt zu stellen und ihr Erlebnis auf sinnvolle Weise zu personalisieren.

Dieser Ansatz für digitales Marketing war noch nie so relevant wie heute. Wenn wir über die Herausforderungen der globalen Pandemie nachdenken, wird klar, dass ein uniformer Ansatz einfach nicht ausreicht – erfolgreiche Unternehmen haben gelernt, dass eine schnelle Anpassung (mittels agiler Mindsets) und kleine, personalisierte Botschaften am effektivsten sind; insbesondere wenn eine reine Remote-Marketing- und Vertriebsstrategie verfolgt werden muss. Als die Länder im März 2020 begannen, in den Shutdown zu gehen, mussten Branchen, die immer noch stark auf persönliche Kundeninteraktion angewiesen sind – wie z. B. die Pharmaindustrie mit ihrem großen Außendienst – die Art und Weise ihrer Kommunikation über Nacht radikal überdenken. Dabei wurde deutlich, wie wichtig ein fortgeschrittener Marketing-Mix ist, um neue Wege zur Interaktion mit den Kund*innen in einem digitalen Umfeld zu finden, den Wert von maßgeschneiderten Touchpoints zu verstehen und (physisch und psychisch) überlastete Posteingänge zu vermeiden.

Customer Journey Activation – Lassen Sie den Kunden sprechen!

Da immer mehr Unternehmen die Bedeutung einer stärkeren Kundenzentrierung erkennen, hat sich der Fokus darauf verschoben, zu verstehen, welche Technologien diese Transformation der Customer Journey unterstützen können. Systeme wie Customer-Relationship-Management-Tools (CRM) sind mittlerweile Standard, aber um aus diesen Daten aussagekräftige Erkenntnisse zu gewinnen, ist eine robuste Integration der Systeme in eine größere Architektur erforderlich – einschließlich Systemen zur Datenerfassung, -analyse, -interpretation und -visualisierung.

Es ist wichtig zu verstehen, dass der Aufbau einer sinnvollen Customer Journey mehr erfordert als nur eine Gruppe von Marketeers, die zusammensitzen, um eine fixierte Journey, dem die Kund*in folgen soll, zu entwerfen, auszuführen und zu analysieren. Echte Personalisierung sollte sich um die sich ändernden Bedürfnisse der Kund*in zu jedem Zeitpunkt drehen. Deshalb erfordert die richtige „Orchestrierung“ der Journey, dass Unternehmen all ihre Expertise nutzen, um interne und externe Datenquellen miteinander zu verknüpfen und die Ziele aller Abteilungen aufeinander abzustimmen. Will das Vertriebsteam die Anzahl der in ihrem CRM-Tool erfassten Anrufe maximieren, aber das Marketing das Volumen der geöffneten E-Mails erhöhen? Vielleicht sollten sie miteinander sprechen, bevor sich die Kund*in ganz abmeldet.

Es ist klar, dass eine gut orchestrierte Customer Journey ein besseres End-to-End-Erlebnis für Kund*innen bietet, was wiederum zu einer verbesserten Markentreue und einem nachhaltigeren Geschäftswachstum führt.

Kundensegmentierung mit real-world data (RWD) – Die richtige Botschaft, zur richtigen Zeit, mit den richtigen Medien

Um Produkte und Dienstleistungen für Kund*innen attraktiver zu machen, ist es entscheidend, dass Unternehmen die richtige Botschaft wählen, um spezifische Anliegen, Wünsche, Werte und Persönlichkeit anzusprechen. Mit anderen Worten: Wir müssen unsere Kund*innen mithilfe von real-world data (RWD) genau segmentieren und die Interaktion mit dem richtigen Marketing-Mix personalisieren. Während die meisten Menschen zustimmen würden, dass eine Kundensegmentierung notwendig ist, um den richtigen Ton zu treffen, zielt die nächste Generation der Personalisierung und Orchestrierung darauf ab, jeden Kunden als Individuum zu betrachten, um das Erlebnis noch weiter zu individualisieren.

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Abbildung 1: Wie Customer First den Pharma- und HealthCare-Bereich verändert.

Ein interessantes Beispiel für ein verbessertes Kundenerlebnis und die Entwicklung der Produkt-/Dienstleistungspersonalisierung lässt sich in der Beautybranche beobachten. In den letzten Jahren gibt es eine wachsende Zahl von Unternehmen, die Schönheits- und Hautpflegeprodukte entwickeln, die auf kleinere Kundensegmente abzielen – zum Beispiel solche, die speziell für tätowierte Haut entwickelt wurden.

So hat Beiersdorf (mit Marken wie Nivea, Eucerin und Labello) vor kurzem eine ganze Hautpflegeserie namens Skin Stories auf den Markt gebracht, die sich an das wachsende Segment der tätowierten Kund*innen richtet. Mit über sieben Produkten werden nicht nur die verschiedenen Bedürfnisse tätowierter Haut abgedeckt, sondern es wird auch ein kontinuierliches Engagement durch eine eigene Website für die Produktlinie gefördert, auf der die Kund*innen die Produktpalette erkunden, mehr über Tattoos/tätowierte Haut erfahren, sich mit der Community verbinden und Inspiration für ihr nächstes Kunstwerk erhalten können. Durch die Schaffung eines kompletten Erlebnisses rund um das Produktsortiment ist Skin Stories in der Lage, mit bestehenden und potenziellen Kund*innen entlang verschiedener Touchpoints zu interagieren und von ihnen zu lernen. Das hilft dem Unternehmen, die Kundenpräferenzen besser zu verstehen, Produkte zu verbessern und die Markentreue zu erhöhen.

Die wichtigsten Erkenntnisse für den Aufbau und die Entwicklung einer ganzheitlichen Customer Journey

Um mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt halten zu können, sollte der Fokus auf die wichtigsten Geschäftsfunktionen gelegt werden.

  • Datengetriebene Analytik: Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass viele Unternehmen zwar die Erfassung von Kundendaten beherrschen, die Auswertung der riesigen Menge an strukturierten und unstrukturierten Daten jedoch eine größere Herausforderung darstellt. Abhängig von der Architektur- und KI-Reife des Unternehmens sollten verschiedene Strategien in Betracht gezogen werden, um ein echtes 360°-Kundenverständnis zu schaffen. Dazu gehört das historische Kundenengagement über alle Online- und Offline-Kanäle hinweg ebenso wie die Kopplung mit Echtzeit-Feedback.
  • Personalisierung & CX: Vorbei sind die Zeiten, in denen es eine Einheitsgröße für alle gab. Kunden haben mehr Macht und Kontrolle darüber, wie und wo sie mit einem bestimmten Unternehmen oder einer Marke interagieren. Daher sollte die Customer Journey-Orchestrierung sicherstellen, dass sie auf individuelle Präferenzen zugeschnitten und angepasst ist.
  • Funktionsübergreifende Teamarbeit: Es reicht nicht mehr aus, dass Marketing-Teams unabhängig vom Rest der Organisation an Journeys und Kampagnen arbeiten. Der Aufbau und die Integration von funktionsübergreifenden Teams, die über mehrere Geschäftsbereiche hinweg zusammenarbeiten (und dabei sowohl Ideen als auch Daten austauschen), ermöglicht es Unternehmen, Fachwissen zu nutzen und eine gemeinsame Zielausrichtung sicherzustellen. Darüber hinaus bezieht sich diese funktionsübergreifende Teamarbeit sowohl auf gemeinsame Geschäftsstrategien als auch auf vernetzte Technologien – Datensilos müssen eingerissen werden für ein besseres Management, mehr Erkenntnisse und klare KPI-Messungen.
  • Agiles Mindset: Selbst das umfassendste digitale und analytische Ökosystem kann scheitern, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen nicht dazu befähigen, das richtige Mindset für Veränderungen zu übernehmen. Dieses „agile Mindset“ bezieht sich nicht nur auf eine schnelle technologische Umstellung, sondern konzentriert sich auch auf die Schaffung eines Umfelds, das den Wandel willkommen heißt. Damit Unternehmen florieren können, müssen sie bereit sein, ihre Strategien und Arbeitsweisen an diese schnelllebige Welt des digitalen Engagements anzupassen. Um diese Einstellung zu fördern und in die Unternehmenskultur zu integrieren, muss in verschiedene Bereiche investiert werden: Change-Management, kontinuierliches Lernen sowie agiles Coaching. Es ist nicht einfach, Mitarbeiter*innen dazu zu bringen, Initiative zu ergreifen und neue Technologien anzunehmen – aber die Investition ist jeden Cent wert.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Capgemini Ihr Unternehmen dabei unterstützen kann, datengesteuerte Erkenntnisse zur Verbesserung der Kundenerfahrung zu nutzen, kontaktieren Sie uns bitte:

Miriam Estrada & Volker Brendel

Autorin

Miriam Estrada

Expertise: Business IT- Alignment, Business Technology, Chemicals Sector, Life Sciences

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