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Wie Sie mit einer End-to-End-Kalkulationslogik die unterschiedlichen Stakeholderanforderungen bei Bauprojekten bedienen

Capgemini Invent
2021-07-15
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Die Herausforderungen bei der Planung & Kalkulation von Bauprojekten sind aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten

In die Übertragungs- und Verteilnetze müssen in den kommenden Jahren für Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen spartenübergreifend Milliarden investiert werden. Unser fiktiver Netzbetreiber „Excellence“ (Strom, Gas, Wasser, Fernwärme) steht vor der Herausforderung in den nächsten Jahren sein Netz massiv ausbauen und erneuern zu müssen. Welche Probleme aktuell bei Bauprojekten auftreten, wird aus 3 unterschiedlichen Perspektiven betrachtet:

Perspektive 1 – Die Geschäftsführung:

Die Geschäftsführung des Netzbetreibers „Excellence“ ist gegenüber seinen Stakeholdern in der Verantwortung, die Baumaßnahmen in seinem Netz effizient, kostengünstig und rechtzeitig durchzuführen.

Zur Erfüllung dieser Anforderungen ist eine gute, transparente und nachvollziehbare Bauplanung und Kalkulation notwendig, um den Fortschritt zu überwachen und Planabweichungen in der Ausführung so gering wie möglich zu halten. Die Geschäftsführung kann ihrer Verantwortung aus verschiedenen Gründen aktuell nicht nachkommen:

  • Fehlender Plan-Ist-Abgleich
  • Keine Vergleichbarkeit zwischen Bauprojekten
  • Nicht standardisiertes Reporting zu Bauprojekten

Perspektive 2 – Das Projektmanagement

Das Projektmanagement ist für die Planung der vom Asset Management beauftragten einzelnen Baumaßnahmen verantwortlich. Für die effiziente und effektive Planung sind gute und qualifizierte Mitarbeitende notwendig sowie eine transparente und einheitliche Kalkulationslogik. Beim Netzbetreiber „Excellence“ werden die Planungsaufgaben aus verschiedenen Gründen aktuell nicht zur Zufriedenstellung der Geschäftsführung bewältigt:

  • Kostenänderungen über die verschiedenen Maßnahmenphasen können nicht transparent und nachvollziehbar erklärt werden
  • Effizienz- und Effektivitätsverluste in der Finanzplanung durch einen hohen Abstimmungsaufwand zwischen den Abteilungen
  • Know-how-Verlust durch den demographischen Wandel

Perspektive 3 – Externe Stakeholder

Zu den Externen Stakeholdern einer Baumaßnahme gehören unter anderem Kund*innen, Dienstleister, Lieferanten und Behörden (z.B. von der Stadt bzw. Landkreis, Regulierungsbehörden). Kund*innen erhalten keine verlässlichen Grobkostenschätzungen und angefragte Angebote können von der Planung nur mit einem sehr hohen Aufwand erstellt werden. Dienstleister hingegen erhalten keine eindeutigen Leistungsverzeichnisse, nur eine unzureichende Zeitplanung und die gestellten Rechnungen werden mit einem hohen zeitlichen Verzug bezahlt. Dies ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen:

  • Keine verlässlichen Grobkostenschätzungen
  • Fehlende standardisierte Leistungspositionen für die Erstellung von Leistungsverzeichnissen
  • Hoher Zeitaufwand bei der Rechnungsprüfung (insbesondere bei der Gegenüberstellung von Plan- und Ist-Kosten)

Zusammenfassend lässt sich festhalten:

Die Probleme bei den verschiedenen Perspektiven sind unterschiedlich, die Ursachen aber gleich:

  • Granularitätsebenen zwischen Plan-Kostenpositionen und Ist-Kostenpositionen sind unterschiedlich
  • Es existieren keine einheitlichen Planungsgrundsätze
  • Es gibt keine definierten Standardmodelle (z. B. Tiefbau, Rohrbau, Kabelverlegung, etc.) für Maßnahmen
  • Projektmanagement nutzt individuelle, meist excelbasierte Kalkulationsbasen, die lokal abgelegt werden
  • Fehlender E2E-Ansatz bei der Kalkulation (von der Initialisierung bis zur Abrechnung)
  • Know-how wird nicht an die Kolleg*innen weitergegeben

Der nachhaltige und flexible Kalkulationsansatz bildet ein Bauprojekt von der Initialisierung bis zum Projektabschluss E2E ab

Um den Handlungsbedarfen der skizzierten drei Perspektiven und gleichzeitig den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, ist es notwendig, das gesamte Kalkulationsmodell im Status Quo zu hinterfragen. Zunächst sind hierfür Kalkulationsgrundsätze mit den beteiligten Stakeholdern festzulegen (vgl. hierzu drei Perspektiven). So banal dieser erste Schritt klingen mag, so oft wird dieser vernachlässigt, was wiederum zu den Handlungsbedarfen im Status Quo führt. Die Kalkulationsgrundsätze sollten zwingend folgende Themen berücksichtigen:

  • Die Kalkulationslogik ist E2E aufgebaut und berücksichtigt die verschiedene Planungsstufen
  • Der Fokus liegt auf den Kostentreibern, diese sind ausschlaggebend für die erste Planungsstufe und hinterlegte Annahmen
  • Die Planpositionen sind standardisiert und ermöglichen eine maximale Automatisierung
  • Planpositionen werden so lange mit Annahmen hinterlegt, bis diese im Laufe des Projektfortschritts durch finale Planungsdaten abgelöst werden können, um so Pseudogenauigkeit zu vermeiden und maximale Effizienz zu ermöglichen
  • Die granularsten Plan-Positionen haben die gleiche Ebene wie die Ist/Vergabe-Positionen, um so einen Soll-Ist-Vergleich zu ermöglichen

Basierend auf den definierten Grundsätzen werden im Folgeschritt Standardmaßnahmen definiert, die den Grundsätzen folgend aufgebaut werden. Oft wird in diesem Schritt unterschätzt, wie viel Standardisierungspotenzial in den einzelnen Projekten steckt – und gleichzeitig die individuellen Gegebenheiten einer Baustelle berücksichtigt werden können. Wer sich hier mit der Maxime nähert, dass bis zu einem gewissen Grad alle Maßnahmen standardisierbar sind, wird mit der Ausschöpfung der Vorteile belohnt:

  • Transparenz über Ursachen der Kostenveränderungen auf Projekten und Vergleichbarkeit gleichartiger Projekte
  • Effizienzmaximierung durch vorgefertigte Modelle und Automatisierung
  • Fehlerminimierung
  • Steigerung der Datenqualität durch einheitliche Datengrundlage
  • Automatisierte Erstellung des Leistungsverzeichnisses
  • Optimierung der Einkaufsbedingungen

Um die neue Kalkulationslogik umsetzen zu können, ist auch der damit verbundene Prozess zu hinterfragen und anzupassen. Der hiermit einhergehende Wandel bei allen Stakeholdern ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg und ermöglicht die Ausschöpfung der genannten Vorteile. Dazu gehören unter anderem:

  • Frühe Integration von Expert*innen und Stakeholdern in die Entwicklung der Kalkulationsgrundsätze und des Prozesses inkl. Implementierung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
  • Durchführen von Roadshows
  • Involvierung der End-User in das Testing
  • Durchführen von Schulungen und Begleitung des Go-Lives
Positive-Einfluesse-Kalkulationslogik_Capgemini-Invent
Abbildung 1: Fünf Erfolgsfaktoren zur Vermeidung von Pseudogenauigkeiten

Wo stehen Sie heute?

Es ist Zeit für einen Reality Check: Gestalten Sie Ihre Baukostenplanung so effizient, qualitativ hochwertig und vertrauensstiftend wie möglich? Eine gute E2E-Kalkulation unterstützt ihr Unternehmen, die immer weiterwachsenden Bauvolumina im Netzbereich sowohl effektiv als auch effizient zu kalkulieren und damit die verschiedenen Stakeholderanforderungen zu bedienen.

Wenn der Grundstein mit einer neuen Kalkulationslogik für ihre Bauplanung gelegt ist, kann diese im nächsten Schritt in einer Software umgesetzt werden. In einer weiteren Evolutionsstufe ist die Verzahnung der Bauplanung mit dem Building Information Modeling (BIM) möglich.

Vielen Dank an die Co-Autoren Lukas Früchtnicht und Nils Prädel.

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