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Inventive FRC – Compliance: Künstliche Intelligenz in der Finanzkriminalitätsbekämpfung – das Problem der holistischen Kundenüberwachung

Ulrich Windheuser
08. Okt. 2020
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Capgemini Invent adressiert die CxO Daten-Strategie und unterstützt seine Kunden bei der datengetriebenen Wertschöpfung.

Mit Inventive Finance, Risk & Compliance (Inventive FRC) meistern wir die Herausforderungen der Finanz-, Risiko- und Compliance-Funktion im Finanz-Sektor. Dieser Blog-Artikel fokussiert auf Compliance.

Die Verhinderung von Geldwäsche ist ungebrochen ein zentrales Thema in Europa und natürlich auch in Deutschland. Gerade der kürzlich veröffentlichte Bericht des ICIJ (Konsortium für investigative Journalisten) gemäß des FinCENs (Fiancial Crimes Enforcement Network) zeigt eindeutig, wie wichtig die Bekämpfung von Finanzkriminialität, Geldwäsche und Kapitalflucht für die Ermittlungsbehörden, Finanzinstitute und vor allem für die öffentliche Wahrnehmung ist. Es geht hierbei um nichts weniger als die Integrität, Stabilität und das Ansehen des gesamten Finanzsektors. Das globale Geldwäschevolumen beläuft sich auf ungefähr zwei bis fünf Prozent der globalen Wirtschaftsleitung, was etwa 1.300 bis 1.750 Milliarden Euro entspricht.

Die 6. Geldwäscherichtlinie – wichtigste Neuerungen für Finanzinstitute

Vor diesem Hintergrund hat das Europäische Parlament am 12. November 2018 weitere Vorgaben gegen Geldwäsche veröffentlicht (Richtlinie (EU) 2018/1673 – 6. Geldwäscherichtlinie). Die 6. AMLD tritt für die Mitgliedstaaten am 3. Dezember 2020 in Kraft und muss von Finanzinstituten bis zum 3. Juni 2021 umgesetzt werden. Das ziel dieser Richtlinie liegt vor allem darin, die Strafbarkeit der Geldwäsche sowie die prozessualen Voraussetzungen EU-weit zu harmonisieren. Eine weitere Vereinheitlichung der Vortaten, etwa die Liste mit 22 ergänzenden Vortaten, unter anderem Insiderhandel, Cyber-Kriminalität, Umweltdelikte und Marktmanipulationen sind neu hinzugekommen. Zudem hat sich die Verantwortung von Unternehmen erhöht, da nun nicht mehr nur der einzelne Mitarbeiter, der sich des Tatbestands der Geldwäsche schuldig gemacht hat, zur Rechenschaft gezogen werden kann, sondern auch das Unternehmen. Weitere Neuerungen sollen hier nur kurz angerissen werden, wie etwa die Änderung der Rolle des Begehungsortes, der Voraussetzungen für strafrechtliche Verfolgung und die Pflicht zur Zusammenarbeit aller EU-Migliedsstaaten.

Künstliche Intelligenz und Compliance – eine zukunftsweisende Kombination

Die Frage, die sich nun vor allem für Finanzinstitute stellt, ist, auf welche Themen der 6. Geldwäscherichtlinie sie ihren Fokus legen sollen. Auf einen wesentlichen Aspekt wird hier in diesem Blog eingangen, da sich die Nutzung von Künstlicher Intelligenz vor allem für dieses Thema besonders eignet. Um die Liste der neuen Vortaten in ihren Geldwäscheprozess einzubetten, benötigen Finanzinstitute eine umfassende Verbindung zwischen ihren Anti-Financial Crime Funktionen, etwa Anti-Money Laundering (AML) und beispielsweise Anti-Fraud. Dies wird die Anzahl von Meldungen wesentlich erhöhen und die Verdachtsfälle werden an Komplexität zunehmen. Innovative Technologien können hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Eine holistische Betrachtung könnte das aktuelle Silo Denken im AFC- und Compliance-Bereich auflösen.

Das holistische Kundenverständnis – ohne Künstliche Intelligenz ist ein Gesamtbild des Kunden heute nicht mehr möglich

Die Konvergenz von Fähigkeiten innerhalb der Compliance, etwa die Verhinderung von Geldwäsche und Betrug durch KI, ermöglicht wesentliche Kosteneinsparungen. Es wird geschätzt, dass die Überschneidung der Datenverarbeitung, der Systemwartung und der Verwaltung der Legacy Systeme, die zur unabhängigen Unterstützung dieser Funktionen benötigt wird, etwa 80% beträgt. Kriminelle nutzen zudem häufig die starre Infrastruktur innerhalb des globalen Finanzsystems. Daher ermutigen Aufsichtsbehörden Finanzinstitute, neue Wege und Methoden einzugehen. Eine Orchestrierung von verschiedenen Systemen, speziell entwickelte Machine-Learning-Modelle, Experten-Workflows und Kontextdaten wird so möglich. Die Bereitstellung von Echtzeit-Finanzkriminalitätsmodellen durch speziell entwickelte KI-Algorithmen kann erheblich verkürzt und es können zudem Modelle für das jeweilige Kundenportfolio der Banken unter Verwendung von Open-Source Bibliotheken für ein verbessertes Lernen des Algorithmus entwickelt werden. Viele Institute nutzen zudem unterschiedliche Lösungen zur Betrugsbekämpfung und zur Verhinderung von Geldwäsche. Jedoch haben fast alle Banken strategische Pläne, diese Funktionen zusammenzulegen. Durch konfigurierbare Workflows und einen gemeinsamen Fallmanager kann die KI in Verbindung mit Robotic Process Automation (RPA), die Effizienz der einzelnen Abläufe deutlich erhöhen.

Künstliche Intelligenz als Effizienztreiber für die holistische Kundenüberwachung

Der internationale Bank-Transformation, -Technologie und -Geldwäsche-Experte Ulrich Windheuser fasst den Wertbeitrag wie folgt zusammen: Es lässt sich sagen, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz mittlerweile eine notwendige Lösung für Finanzinstitute darstellt. Das Ziel sollte sein, den steigenden regulatorischen Anforderungen, der Zunahme an Komplexität der Verdachtsmeldungen und der Interdependenz von möglichen Straftaten, vor allem durch die Vereinheitlichung der Vortaten, gerecht zu werden. Der Kunde muss zunehmend holistisch überwacht werden und es werden Modelle benötigt, die genau das leisten sollen. Künstliche Intelligenz kann hierbei mehr als nur unterstützen.

Vielen Dank an die Co-Autoren Leonie Winterberg, Fabian Weidner und Lukas Winter.

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Autor

Ulrich Windheuser

Vice President | Head of Enterprise, Data & Analytics, Capgemini Invent
Ulrich Windheuser hat mehr als 25 Jahre Erfahrung in Banking. Funktional haben ihn stets die Herausforderungen der Finance/Risk-Integration getrieben, insbesondere forderten ihn das Schaffen einer einheitlichen Datenplattform mit hoher Datenqualität heraus. Auf dieser Basis freut er sich auf die neuen, darüber hinausgehenden Herausforderungen, um Banken zu mehr datengetriebenen Geschäftsmodellen zu verhelfen. Aktuell leitet er in Deutschland die Capability Unit Enterprise, Data & Analytics. Er hat an der Mercator Universität Duisburg Mathematik studiert und an der Universität Kaiserslautern in Technomathematik promoviert.